Selten sei ihre Arbeit so treffend gewürdigt worden wie von Dr. Julia Hümme, der Leiterin des Ostholstein-Museums, schrieb uns die Keramikerin. Nachfolgend Auszüge aus der Rede: „Die Porzellanobjekte, die doch so schlicht in schwarz-weiß gehalten sind, leuchten, sie leuchten aus sich selbst heraus – und das hat nur wenig mit unserer technischen Ausleuchtung zu tun … Karin Bablok gelingt dies tatsächlich unter anderem durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Porzellanmassen: Die eine ist leicht zu verarbeiten und gibt dem Gefäß Stabilität, die andere verleiht dem Objekt eine hohe Transparenz nach dem Brand.
Eine Redakteurin schrieb aktuell nach unserem Pressetermin in der letzten Woche, Karin Bablok habe „Schönheit nach Eutin gebracht“. Und im Grunde geht es genau darum, auch wenn Frau Bablok es im Interview tatsächlich ein wenig globaler formuliert hat: (Zitat) „Es kommt mir nicht auf die Zeit an, die es dauert, ein Gefäß zu machen. Es geht darum, Schönheit in die Welt zu bringen.“ Und tatsächlich steht im Schaffen der Keramikerin an erster Stelle der künstlerisch-ästhetische Anspruch jedes einzelnen Objekts. Erst im zweiten Schritt wird der sogenannte praktische Nutzen offensichtlich, darf aus den Bechern getrunken, in Schalen Obst gelegt, in Vasen Blumen gestellt werden …
Es gibt einen halbstündigen Film von Paul Schmidt, der die Arbeitsweise Karin Babloks beleuchtet … In ihm wird deutlich, wie aufwendig, wie körperlich anstrengend, wie konzentriert die Arbeit im Atelier vonstatten geht. Nach dem Kneten der verschiedenen Porzellanmassen in der sogenannten japanischen Technik, bei der die Luft über einen längeren Zeitraum herausgeknetet wird, werden die Massen in ähnlich große Portionen geteilt, um am Ende mit den jeweiligen Porzellanstücken ähnlich große Gefäße drehen zu können.
Um aber besonders hohe Gefäße erschaffen zu können, die über ein Maß von 30-40 cm gehen, muss Karin Bablok aus diesen kleineren Teilmengen einzelne Ringe drehen, die nach einer ersten Trocknung über Nacht im lederharten Zustand in weiteren Arbeitsschritten aufeinandergesetzt und miteinander verschmolzen werden … Karin Bablok bedient sich im Entstehungsprozess ihrer Objekte nach der eigentlichen Arbeit an der Drehscheibe schließlich noch einem künstlerisch-handwerklichen Kniff, der mich, als ich diesen erstmals sah, den Atem anhalten ließ. Denn sobald das Gefäß scheinbar fertig ist, die perfekte Form gedreht, lediglich der alles entscheidende Brand zu fehlen scheint, greift die Künstlerin zu einem Brett, einer einfachen Holzlatte, und klopft sanft, aber doch bestimmt auf die ebenmäßigen Rundungen des Gefäßes – solange, bis sich die für das keramische Werk Karin Babloks mittlerweile charakteristische Kante am Gefäß ergibt … Das perfekte Kreisrund wird ganz bewusst zerstört, die rotationssymmetrische Wirkung des Gefäßes unterbrochen, indem die nun erzeugte Asymmetrie scheinbar der Ausgewogenheit entgegensteht.
Doch die Kante selbst ist nicht nur ein Markenzeichen der Künstlerin, wenn man es überhaupt so nennen möchte: Sie dient in vielen Arbeiten als eine Art Ansatzpunkt für den nun folgenden fast letzten Arbeitsschritt, nämlich die Bemalung, die dem Schrühbrand im Elektro-Ofen folgt und je nach Werkphasen von geometrisch-linear bis gestisch-expressiv reicht … Die Bemalung ist dabei nicht nur dekorative Verzierung, sondern lässt Form und Malerei zu einer Einheit verschmelzen. Aufgrund der extremen Dünnwandigkeit der Gefäße entsteht oftmals eine Lichtdurchlässigkeit, die es darüber hinaus ermöglicht, dass das Motiv sich nicht allein bei einem Blick über den Gefäßrand vervollkommnet, sondern auch durch ein Durchschimmern der Binnenzeichnung auf der Außenwand.
Für ihre Malerei, die sich seit einigen Jahren immer mehr auch auf Tuschezeichnungen auf Papier erstreckt, bekommt Karin Bablok ihre Inspirationen in der Natur: So finden sich bis zur Abstraktion getriebene Hagebutten und Brombeeren, Äste mit Früchten, Blätter oder auch Wassertropfen. Es ist noch nicht lange her, dass sie in dieser gestisch-expressiven Malerei neben der schwarz-weißen Glasur auch farbliche Nuancen zulässt, die dem Betrachter den Zugang zum gegenständlichen Motiv durchaus erleichtert.
Für eine weitere Werkgruppe dreht Karin Bablok mittlerweile Gefäße mit zart eingefärbten Massen, bei denen vor allem die Farbkombinationen und deren Wirkung im Vordergrund stehen. Der Entstehungsprozess ist ein Vielfaches komplexer als bei den vorher beschriebenen Porzellanunikaten, müssen doch hier unterschiedlich eingefärbte schmale Streifen in pastelligem Grau, Rosa, Hellblau oder Mint einzeln aufeinander abgestimmt, zusammengefügt und neu gedreht werden. Haben sie dann den nicht immer glücklich verlaufenden Brand überstanden – ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor im Schaffensprozess –, müssen sie wie die anderen Porzellangefäße auch aufwendig geschliffen werden.
Karin Bablok wurde 1964 im bayrischen Donauwörth geboren … Nach einer Ausbildung zur Scheibentöpferin … verbringt sie Wandergesellen-Jahre in den USA, in Irland und Deutschland, wo sie mehrfach intensiv mit der japanischen Töpfertradition in Berührung kommt, die sie 1984 schon in einer großen Sonderausstellung in München fasziniert hatte und die nun prägende Einflüsse auf die weitere künstlerische Entwicklung bekommt. 1991 beginnt Karin Bablok eine weitere Ausbildung an der Fachschule für Keramikgestaltung in Höhr-Grenzhausen, der sich ein Studium am dortigen Institut für künstlerische Keramik anschließt. Nach der Meisterprüfung 1995 greift sie die künstlerische Weiterbildung in den Jahren 2009/2010 noch einmal auf, studiert an der Fachhochschule Koblenz und schließt das Studium mit dem Diplom Freie Kunst im Bereich Keramik ab, stets begleitet von der Kunstgeschichte, die so wichtig für ihre Malerei geworden ist. Karin Babloks künstlerischer Werdegang wird von Beginn an durch zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen aus dem In- und Ausland begleitet. Dabei sind es sicherlich auch die späteren Aufenthalte in den traditionsreichen „Hochburgen“ der keramischen Produktion China und Japan, die weiterhin einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Werk Karin Babloks haben. Heutzutage lebt die Künstlerin in Hamburg und betreibt ein Werkstattatelier im Vorderhaus des denkmalgeschützten Schulhauses Allermöhe.
Karin Bablok hat ihren eigenen Weg als Keramikerin gefunden; in ihrem Werk vereint sich auf einzigartige Weise ein komplexes Spiel der Gegensätze: Malerei und Form, Schwarz und Weiß, Strenge und Impulsivität, Innen und Außen, geometrisch-linear und gestisch-expressiv, Körper und Fläche, Stabilität und Anmut, Kreis und Kante …“
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Ostholstein-Museum
Schlossplatz 1
23701 Eutin
Deutschland - 29.10.2019, 19:30 Uhr Karin Bablok "Nicht nur schwarz-weiß ?" Bildervortrag über Inspiration, Zufall, Glück und Seitenwege ihres Schaffens.
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