Künstlerisches Handwerk, Kunst, Design und authentische Manufakturfertigung sowie die dadurch inspirierten Lebensformen sind unsere Themen. Mit vier anspruchsvollen Printausgaben pro Jahr und der Internet-Plattform erklären und vermitteln wir diese Kultur ästhetisch und inhaltlich auf hohem Niveau. Offen und unvoreingenommen suchen wir nach künstlerischer und handwerklicher Qualität, die Inspiration, Schönheit und Nachhaltigkeit beinhaltet.
Mehr denn je sind die Grenzen zwischen Kunst und Gebrauchsobjekt fließend. Die Definition von Kunst ist abhängig vom Zeitgeist und unterliegt gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und individuellen Interessen. Wie zu Beginn der Moderne am Bauhaus propagiert, befürworten wir die Einheit von Kunst und Handwerk als Elemente eines Sinn stiftenden Lebens.
Zu allen Zeiten waren Dinge und Objekte aus künstlerischer und handwerklicher Fertigung mit Ritualen verbunden. Sie waren wie Musik, Sprache und Dichtung Ausdruck einer Kultur. Dagegen ist industrielle Massenfertigung nicht selten inhuman und umweltschädigend, die einhergehen mit emotionaler und intellektueller Verarmung.
So verstehen wir Art Aurea auch als ein Medium für die Bewahrung und zeitgemäße Weiterentwicklung substantieller Kultur und der Achtsamkeit gegenüber der Umwelt. Wir möchten unsere Leserinnen und Leser informieren und inspirieren, sich bewusster zu entscheiden für Produkte und Kunstgegenstände, die mit der Zeit an Wert gewinnen, die dauerhafte Quellen der Freude sind – jenseits des schnelllebigen Konsums und der Massenfertigung.
30 Jahre Art Aurea – ein Rückblick des Herausgebers Reinhold Ludwig (*1948)
Art Aurea, übersetzt etwa mit „Goldene Kunst“, entstand erstmals 1985 aus meiner Begeisterung für die damals kaum bekannte Schmuckkunst, die in diesen Jahren einen mutigen, radikalen Bruch mit der Tradition vollzog. Als Chefredakteur einer Fachzeitschrift für Uhren und Industrieschmuck im Ebner Verlag Ulm hatte ich im Sommer 1985 eher zufällig eine Schmuckausstellung in einer Kunstgalerie besucht. Zu sehen waren u.a. Goldschmiedearbeiten von Jan Dix, dem Sohn des Malers Otto Dix. Die Goldschmiedin Barbara Plersch zeigte expressive Stücke in Silber mit Acryl und farbigem Lack. Ihre Arbeiten unterschieden sich auch in der Dimension elementar vom üblichen Industrieschmuck.
Etwa zu gleichen Zeit suchten Münchner Goldschmiede einen Verlag für eine Zeitschrift, die zu einer Schmuckausstellung im Künstlerhaus am Lenbachplatz erscheinen sollte. Dabei kamen sie auch in mein Büro. Obwohl ich noch relativ neu im Ebner Verlag Ulm war, konnte ich den Geschäftsführer überzeugen, das Heft zu machen. Zur Hilfe kam mir Stanislaus Kutác, ein Ulmer Designer. Er hatte an der Fachhochschule in Schwäbisch Gmünd studiert und kannte die damalige Schmuckklasse von Professor Pierre Slevogt. Sein originellster Designbeitrag für Art Aurea war im Rückblick ein schwarz-weißes Punktemuster auf dem Rücken und der Innenseite des Covers. Es stammte von seinem Hemd, das er unters Kopiergerät gelegt hatte. Auf der Münchner Ausstellung im November 1985 wurde uns die erste Art Aurea aus den Händen gerissen. Der Erfolg war so überwältigend, dass wir es wagten, das Heft viermal pro Jahr herauszubringen – nach kurzer Zeit zweisprachig in Deutsch und Englisch.
Art Aurea verlangte eine Menge Herzblut! Ungezählte private Stunden, vor allem an Wochenenden, verbrachte ich damit, Beiträge zu schreiben, Layouts zu kleben oder Kontakte zu knüpfen. Im Verlag war dafür kaum Zeit. Die Wochenenden dienten auch dazu, Ausstellungen und Veranstaltungen zu besuchen. Wo immer sich die Szene traf, wurde heftig über Schmuckkunst und ihr Verhältnis zu freier Kunst diskutiert. Käufer waren eher Mangelware. Doch dies tat der Aufbruchstimmung, die durch Art Aurea kräftig befeuert wurde, keinen Abbruch.
Im Rückblick waren diese ersten Jahre mit Art Aurea für mich eine essentielle Erfahrung und ein großes persönliches Abenteuer. In Gesprächen mit bedeutenden Goldschmieden wie Friedrich Becker, Hermann Jünger, Max Fröhlich, Peter Skubic, Johanna Dahm und Otto Künzli, mit Designern wie Carl Dau und Hans-Hermann Lingenbrinck, mit Jochen Exner von der Manufaktur Niessing, sowie mit Galeristen wie Inge Asenbaum, Helen Drutt, Paul Derrez und Jürgen Eickhoff lernte ich verschiedene Positionen des modernen Schmucks kennen. Begegnungen mit Design- und Architekturgrößen wie Alessandro Mendini, Matteo Thun, Antonio Citterio und Volker Albus erweiterten meinen Horizont und schärften mein Gefühl für Gestaltungsqualität und die historischen Zusammenhänge auch in anderen Bereichen.
Von Anfang an versuchte ich, den neuen Schmuck im Kontext von Kunst und Design ganzheitlich und grenzüberschreitend zu interpretieren: als zeitgenössische Gestaltungskultur, die Schnittmengen aufwies zur Bildenden Kunst, zur Architektur und zu den Designbewegungen jener Jahre, vor allem des Neuen Deutschen Designs. Auch völkerkundliche und soziologische Aspekte hatten ihren Platz in Art Aurea. Ich zeigte den Schmuck von Kulturen wie den Akahs im Norden Thailands, die gerade unter dem Einfluss der Zivilisation ihre Identität verloren oder von Subkulturen wie den Punks, die in den 1980ern für gesellschaftliche Aufregung sorgten. Art Aurea wurde bei seinen Lesern ein großer Erfolg und genoss in kürzester Zeit Kultstatus. Wirtschaftlich gesehen war Art Aurea in einem Verlagshaus, das auf Anzeigenumsätze schauen muss, jedoch immer schwierig durchzusetzen. „Die Zeitschrift ist das Hobby von Herrn Ludwig“, hieß es im Ebner Verlag. Schließlich fiel 1996 die Entscheidung, Art Aurea nicht weiterzuführen.
Anfang 2006 verließ ich den Ebner Verlag Ulm, um nach 30 Jahren erfolgreicher Tätigkeit, einen Neuanfang zu wagen. Mein Hauptmotiv, mit 58 eine gut bezahlte, sichere Führungsposition aufzugeben, war der Wunsch, etwas gesellschaftlich Nützliches zu tun, das mir auch persönlich am Herzen liegt. Nach der Publikation des Buchs „Schmuck-Design der Moderne“, das bei Arnoldsche Art Publisher erschien, entschied ich mich 2008, Art Aurea im Selbstverlag erneut herauszugeben – zunächst als Online-Magazin, 2010 schließlich auch wieder als Print-Ausgabe.