Die Cominelli Awards 2014

Reizvoller, sensibler Materialmix stand hoch im Kurs bei den diesjährigen Cominelli Awards. Die Preisverleihung fand Ende August im idyllischen Cisano di San Felice del Benaco am Gardasee statt. Den fünften internationalen Schmuckwettbewerb gewann Silke Trekel aus Halle/Saale. Ihre raffinierte Kombination und Verarbeitung von Silber und Porzellan in ihrer Brosche überzeugten die Jury.

Die Britin Jessica Turrell erhielt den zweiten Preis. „Die physische Präsenz des Stückes ist von großer Wirkung“, erklärte die Jury und lobte die durch Farbeffekte und Textur naturwüchsig erscheinende Brosche. Der Anhänger aus Porzellan und Leder von Trinidad Contreras, Spanien, wurde mit dem dritten Preis ausgezeichnet. Hier überzeugte die ausgewogene Spannung zwischen Fragilität und Strenge. Lobend erwähnt wurden Gabi Veit, Südtirol, Babette von Dohnanyi, Deutschland, und Flora Vagi, Ungarn.
Der Wettbewerb der italienischen Vereinigung für zeitgenössischen Schmuck, AGC, und der Raffaele Cominelli Stiftung wurde kuratiert von dem spanischen Schmuckkünstler Ramon Puig Cuyas.

 

Ramon Puig Cuyas über Schmuckkunst und ihre Bewertung

„Ich denke, dass Kunst eine Reflexion des Lebens ist und dass der Künstler in ihr sein Leben offenbart. Deshalb kann über Kunst – genau wie über das Leben anderer Menschen – nicht geurteilt werden. Wir können gewiss das Werk eines Künstlers verstehen oder eben nicht, wir können davon berührt oder bewegt werden oder eben nicht, wir können uns damit identifizieren, über das Werk eine intime Komplizenschaft mit dem Künstler aufbauen oder eben nicht, wir können es umdeuten, sein Werk kann uns eine Projektionsfläche für unsere Vorstellungen bieten oder uns gleichgültig sein, aber wir können sein Leben, sein Oeuvre, sein Werk nicht bewerten. Wenn wir die Worte finden, können wir erklären, was wir fühlen oder welche Interpretationen wir bevorzugen, wir können versuchen, unsere Vision seiner Arbeit zu erklären. Aber das wäre mehr als eine Beurteilung, es wäre eine Neuinterpretation, eine aktive Partizipation an seinem Werk. Wenn ich darum gebeten werde, jemandes Werk zu beurteilen oder auszuwählen, so ist für mich primär wichtig, dass es mir Gefühle vermittelt und den Eindruck erweckt, dass der Künstler in seine Arbeit involviert ist. Mir ist wichtig, dass ich nicht einer fertigen Arbeit gegenüberstehe, sondern einer, die sich entwickelt und lebendig ist. Ich bin nicht an Arbeiten interessiert, die selbstgefällig sind, sondern an Arbeiten, die einen Dialog führen und ihre Grenzen hinterfragen.

Ich bin an Arbeiten interessiert, die nicht improvisiert sind, die Ergebnis einer ständigen Anstrengung und mit der Zeit gewonnenen Reife sind. Arbeiten, die Ausdruck einer persönlichen, einzigartigen Sprache sind und keinen Trends oder stilistischen Strömungen folgen, die ursprünglich sind (ursprünglich im Sinne des Ursprungs, des Anfangs und nicht in Anspielung auf einzigartig oder neu). Ich bin nicht an den Worten oder Konzepten interessiert, mit denen viele Künstler ihr Werk zu rechtferigen versuchen, sondern eher an dem, was der Künstler durch Formen, Farben, die Sprache der Symbole und visuelle Metaphern kommuniziert. Folglich bin ich an Arbeiten interessiert, die von dem Verlassen der Worte, der Literatur oder einfacher, offensichtlicher Ideen herrühren, um sich in das Gebiet des Unbekannten und Unterklärbaren vorzuwagen. Ich bin an Arbeiten interessiert, die eine innere Spannung oder ein Mysterium bergen.

Gelegentlich habe ich Ausstellungen organisiert oder wurde – wie im jetzigen Fall – gebeten, eine Auswahl an Arbeiten für eine Ausstellung zu treffen. Ich wurde mit der Notwendigkeit konfrontiert, zu entscheiden, auszuwählen, zu beurteilen, welche Arbeiten gezeigt werden sollten und welche nicht. Unter anderen Umständen war ich selbst einer Auswahl ausgesetzt. Dennoch habe ich den Eindruck, dass bei jeder Nominierung ein riskantes, subjektives Element ebenso wie bloßes Glück eine Rolle spielen. Das muss akzeptiert werden. Es heißt, dass der Akt der Nominierung selbst kreativ ist und dass eine Ernennung eine Aktivität ist, die nicht unbedingt zur Welt des Absoluten gehört. Eine Auswahl ist nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten. Im Internet kann heute jeder mit nur einem Klick selektieren: ‘I like-I don’t like’, in einer emotionalen Handlung, die schnell, unmittelbar und öffentlich ist. Das ist manchmal akzeptabel, aber manchmal erwägen wir unsere Entscheidungen nicht, was den Akt des Entscheidens trivial und gefühllos erscheinen lässt und unser ästhetisches Urteil diskreditiert. Ich denke, wir sollten die Sorgfalt unserer ästhetischen Kriterien nicht aus den Augen verlieren – ebenso wenig wie unsere ethischen Anhaltspunkte. Dabei sollte es jedoch nicht darum gehen, andere zu beurteilen. Vielmehr sollten wir sie auf unsere eigenen Arbeiten anwenden.“