Im antiken Griechenland war der Wettstreit in Kunst und Sport, Agon genannt, ein Grundprinzip der Kultur. Seit der Renaissance sind legendäre Künstlerduelle bekannt, etwa zwischen Michelangelo und Leonardo da Vinci. Die Institutionalisierung des Wettbewerbs in der Kunst begann 1667 mit dem Salon de Paris des Sonnenkönigs Ludwig XIV., der so den höfischen Kunstgeschmack propagierte. 1863 organisierten französische Impressionisten erstmals den Salon des Refusés, der Zurückgewiesenen, der als Beginn der Moderne gilt.
Kuratierte Ausstellungen von Museen und Galerien sowie Wettbewerbe, in der Jurys entscheiden, sind heutzutage weltweit verbreitet. Die Erfindung des Internets beschleunigte die Prozesse. Ein Wettbewerb, der für das Kunsthandwerk neue Maßstäbe setzte, ist der Loewe Foundation Craft Prize. Das Preisgeld von 50.000 Euro, eine weltweite Ausschreibung, ein hochkarätiges Panel für die Vorauswahl, eine kompetente Jury und eine tadellose Organisation garantieren Spitzenqualität. Darüber hinaus bewirkt dieser Preis einen Entwicklungsprozess, der das Kunsthandwerk und die Sicht darauf weltweit verändert. Unser Beitrag zeigt Detailfotos des diesjährigen Wettbewerbs von seltener Schönheit.
Claus Bury, geboren 1946, kommt aus einer Hanauer Schmuckfirma und sollte den elterlichen Betrieb übernehmen. Nach seiner Ausbildung an der Zeichenakademie Hanau und der Kunst-und Werkschule Pforzheim wurde er lieber Schmuckkünstler. Vorrang vor jedem Wettbewerb hatte in jener Zeit zwischen den 1960er und 1980er Jahren das gemeinsame Ziel, das in Konventionen erstarrte Metier des Goldschmiedens durch neue Formen und geistige Inhalte zu erneuern. 1979 entschied sich Bury, nur noch als Bildhauer zu arbeiten. Julie Metzdorf hat Claus Bury und seine Frau Ulrike Müller, die ehemalige Galeristin für Designermöbel, in Frankfurt besucht.
Im März 2024 verstarb Tone Vigeland, die weit über ihre norwegische Heimat hinaus zur Erneuerung der Schmuckkunst beitrug. 1938 in Oslo geboren entschied sie sich erst Mitte der 1990er Jahre, angeregt durch ihre Galerie Riis, sich der Skulptur zuzuwenden. Wir danken dem britischen Autor Christian House, der kurzfristig einen Nachruf schrieb.
Anna Wüller wollte Grafikdesign studieren. Doch weil das mit dem Abi nicht klappte, lernte sie polstern. In dem Münchner Kulturprojekt Bahnwärter Thiel rettet sie alte Sitzmöbel vor einem verfrühten Ende. Einen Wettbewerb hat Anna Wüller kaum zu fürchten, denn talentierte HandwerkerInnen sind rar wie nie. Und ihren Traum, Grafikdesign und Kunst zu machen, verwirklicht sie nebenher. Ein Beitrag von Katalin Fischer.
Kurzporträts – Curators‘ Choice
Seit 2021 laden wir regelmäßig KuratorInnen ein, KünstlerInnen für vierseitige Kurzporträts in Art Aurea auszuwählen. Ziel ist es, aktuelle internationale Entwicklungen in Kunst und gestaltendem Handwerk kontinuierlich und in kompakter Form zu beleuchten.
Erstmals wurde Curators‘ Choice von unserem neuen Redaktionsmitglied Ingrid Rügemer redaktionell betreut. Freuen Sie sich auf fünf KünstlerInnen aus fünf verschiedenen Bereichen und Ländern:
Claudy Jongstra, Niederlande, ausgewählt von Ingeborg de Roode, Kuratorin am Stedelijk Museum, Amsterdam. Durch die Verwendung von Farbstoffen aus biologisch angebauten Pflanzen und alten Rezepten schafft die Pionierin der Filzgestaltung faszinierende, aussagekräftige Arbeiten und trägt zu einer besseren Lebensumgebung bei.
Zhao Jinya, China, kuratiert von Peter Ting, Mitbegründer der Ting-Ying Gallery. Die Künstlerin nutzt die opaken und transparenten Eigenschaften von mundgeblasenem Glas. Sie spielt mit den Spannungen zwischen Farbe, Form und Struktur und erkundet die subtilen Grenzen der Wahrnehmung.
Domingos Tótora, Brasilien, ausgewählt von Marina Figueiredo, Direktorin der Sage Culture Gallery, Los Angeles. Seine skulpturalen Objekte und funktionalen Möbel gestaltet der brasilianische Künstler Domingos Tótora aus recyceltem Karton.
Jérôme Blanc, Schweiz, kuratiert von Lionel Latham, Galerie Latham, Genf. Linien, das Spiel des Lichts und die Schönheit des bescheidenen Materials Holz sind die Elemente, die den Schweizer Künstler faszinieren.
Stefania Lucchetta, Italien, ausgewählt von der Kunsthistorikerin und Kuratorin Nichka Marobin. Die Werke der Schmuckkünstlerin beeindrucken mit ihrer komplexen Geometrie und überraschender Leichtigkeit.
Review
Contemporary Craft. Direktorin Tulga Beyerle über die MK&G messe im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, ihre Inhalte, Ziele und kulturelle Bedeutung.
Herbert-Hofmann-Preise. Die Gewinner 2024 sind Takayoshi Terajima, Japan, Azin Soltani, Iran, und Empar Juanes Sanchis, Spain, die in Aachen lebt.
A Chair and You. Regisseur Robert Wilson inszeniert eine Stühle-Sammlung im GRASSI Museum wie eine Oper in vier Akten.
Die Jubiläums-Ausstellung im GRASSI Museum Leipzig bis 6. Oktober 2024.
Inspiration und Neugier. Eva Maisch zeigt auf ihrem Sommerfest im fränkischen Lindelbach Werke von sieben internationalen KünstlerInnen.
Antje Brüggemann und die Gruppe 83. Keramikausstellung über ein Lebenswerk im Berliner Kunstgewerbemuseum.
Bäume für das Fest des Lebens. Die Ausstellung 3 mal 80 bei Renate Slavik in Wien ehrt drei Jubilare und feiert eine Freundschaft.
Nevin Aladağ – Interlocking. Alltagsgegenstände, Ornamente, Musik, Klang und Tanz im Max Ernst Museum Brühl.
Die Sommer-Ausgabe 2024 hat inklusive Umschlag 92 Seiten und ist ab 27. Mai erhältlich in führenden Galerien und Geschäften für 12 Euro (EU 14 euros). Bestellungen per Mail an artaurea@pressup.de.
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