Inspiration und Neugier

KünstlerInnen von internationalem Rang beim Sommerfest von Eva Maisch in Lindelbach.

Ausgrabungen belegen, dass die Gemarkung von Lindelbach nahe Würzburg bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Mit der neolithischen Revolution vor rund 7000 Jahren begann die bäuerliche Kultur, die durch die Linearbandkeramik belegt ist. Auch aus der Bronze- und Eisenzeit wurden Zeugnisse früher Handwerkskunst bei dem seit 1975 zum fränkischen Winzerort Randersacker gehörenden Dorf gefunden. 

Vom 5. bis 7. Juli 2024 erlebt Lindelbach erneut eine Ausstellung für angewandte Kunst. Den Rahmen bietet das stimmungsvolle Ambiente des ehemaligen Bauernhofs von Eva Maisch und ihrem Mann Walter Jäckl im Ortszentrum. Schon beim ersten Sommerfest 2018 beeindruckten arrivierte KünstlerInnen das Publikum mit zeitgenössischem Schmuck sowie Kunstobjekten aus unterschiedlichsten Materialien. So international wie „Inspiration und Neugier“ aber war das Treffen noch nie: Kim Buck, weltweit bekannt für innovativen Schmuck, kommt mit seiner Partnerin, der chinesischen Schmuckkünstlerin Hongxia Wang, aus der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. 

Eine Ikone der zeitgenössischen Schmuckkunst, der Ring Puffed Up in 24-karätigem Gold von Kim Buck. Photo Dorte Krogh.

Sieht aus wie aus einem 3D-Drucker, ist aber komplett von Hand gefertigt. Hongxia Wang, Ring Ennui aus 18-karätigem Gold. © Hongxia Wang.

Auch der gebürtige Schweizer Jonas Noel Niedermann, ein Meister experimenteller Glaskunst, lebt heute in Dänemark. Der japanische Designer Sho Ota fertigt seit einem Masterstudium an der Design Academy Eindhoven komplexe Möbelobjekte in den Niederlanden. Othmar Prenner pflegt erfindungsreiches Handwerk, Design und Kunst im Südtiroler Vinschgau. Wasinburee Supanichvoraparch machte eine Keramikausbildung in Landshut und kehrte als Master of Fine Arts, erworben an der Universität Kassel, in seine Heimat Thailand zurück. Deutschland wird von dem international bedeutenden Schmuckkünstler und Silberschmied Peter Bauhuis repräsentiert, der seit seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München lebt.

Glasobjekt aus der Serie Magnetics von Jonas Niedermann. Magnetfelder ziehen farbige Partikel an, die auf der Oberfläche des Glaskörpers bizzare, farbige Gebilde und Strukturen hinterlassen.

Alle Schmuckstücke und Objekte sind das Ergebnis innovativer Ideen, Techniken und Materialkombinationen, bergen individuelle Gefühle, Konzepte, Botschaften und können ohne weiteres neben aktueller Gegenwartskunst bestehen. Die dienende Funktion als Schmuck, Gefäß oder Hocker ändert daran nichts. Die Glasarbeiten von Jonas Noel Niedermann, die Metallgefäße von Peter Bauhuis oder die Ringe von Hongxia Wang lassen sich, bei aller Unterschiedlichkeit, der informellen Kunst zuordnen, die assoziativ und individuell die Fantasie anregt. (Angewandte) Kunst bedeutet heute mehr denn je kultureller Austausch. So ließ sich Wasinburee Supanichvoraparch bei seiner Kobalt Serie von den blauweißen, chinesischen Porzellanen der Yuan-Dynastie inspirieren, während die rauen, zerfurchten, durch mehrfaches Brennen erzeugten Oberflächen und Krakelees auch Gestaltungselemente westlicher Keramikkunst sind. Seinen Humor zeigt der thailändische Künstler mit seinen NFTs (Non-Functional Teacups), eine Anspielung auf den nicht austauschbaren Kryptowert Non-Fungible Token. 

Anspielung auf die Kryptowährung: Non Functional Teecup NFT 02.18 von Wasinburee Supanichvoraparch. © The artist.

Sho Ota verbindet traditionelles japanisches Handwerk mit westlichem Designverständnis. Das Ergebnis sind sammelwürdige Möbelobjekte.

Mörser und Stößel aus der Edition Marmor von Othmar Prenner. Gebrauchsgegenstände aus feinem Laaser Marmor mit spürbarem Charisma. © Othmar Prenner.

Für seine Gefäße mit malerischen, wolkenähnlichen Oberflächen experimentiert Peter Bauhuis mit verschiedenen Legierungen und Metallen. © Peter Bauhuis.

In allen Künsten wird heute Forschung großgeschrieben. So hat etwa Peter Bauhuis – wegen seinen Materialexperimenten auch Alchimist genannt – die Legierung, Tumbaga nachgemischt, welche die spanischen Konquistadoren für Gold hielten. Sho Ota befasst sich in seinen skulpturalen Objekten mit der Identität von Holz und verbindet virtuos Design, Handwerk und Kunst. Die Serie der Glasobjekte Magnetics von Jonas Noel Niedermann basiert auf Untersuchungen über Magnetfelder, deren Kollision und Bruch. Hinter den originellen, humorvollen Schmuckstücken Kim Bucks verbirgt sich der intensive Forscherdrang, stets neue Techniken und Formen zu erproben. Othmar Prenner erhielt jüngst den bayerischen Staatspreis für einen Mörser aus feinkristallinem Laaser Marmor. So durchdacht gab es das Jahrtausende alte Küchenutensil noch nie. Hongxia Wang überträgt ihre „in Langeweile“ entstandenen Zeichnungen Linie um Linie von Hand in dreidimensionale Wachsformen. So erscheinen ihre Ringe wie aus einem 3D-Drucker. Es lohnt sich also, die Geschichten hinter den Dingen zu erfahren. Wer will, kann auch darüber nachdenken, was die frühen HandwerkerInnen des Neolithikums mit den AusstellerInnen bei Eva Maisch in Lindelbach verbindet. Reinhold Ludwig

  • Im Hofstall
    Wäldleinstraße 1
    97236 Lindelbach
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