Kunst sei die höchste Form von Hoffnung, schrieb der Maler Gerhard Richter 1982 in einem Katalogtext zur documenta 7. Es war die gleiche documenta, auf der Josef Beuys begann 7000 Eichen in Kassel zu pflanzen und das Thema Ökologie in der Nachkriegskunst thematisierte.
Inzwischen sind 40 Jahre vergangen. Ein Umsteuern auf breiter Front zu einer nachhaltigen, ökologisch verantwortbaren Wirtschaft und Lebensweise lässt noch immer auf sich warten. Aber es gibt zunehmend Vorbilder und Projekte, die Hoffnung machen – viele auch in Kunst und Handwerk, wie die neue Art Aurea zeigt.
Zum Beispiel das Künstlerpaar Gudrun Petzold und W. Jo Brunner. Nach ihrem Umzug von Berlin in das niedersächsische Seesen 1993 begannen sie, neben ihrem künstlerischen Schaffen, ein gemeinsames Lebensprojekt. Rund um ihr Atelierhaus, einen ausgedienten Getreidespeicher, verwandelten sie eine Industriebrache in ein herrliches Naturparadies. 12-seitiger Beitrag mit einem Text des Kulturwissenschaftlers Hans-Peter Jakobson und Fotos von Leona Ohsiek.
Nicht weniger eindrucks- und hoffnungsvoll ist die Wandlung von Kim Nogueira auf der amerikanischen Insel St John. Nach ihrem Studium der Soziologie machte sie 1993 Urlaub auf der Karibikinsel und blieb bis heute. Über die Mitarbeit an archäologischen Ausgrabungen kam sie zum Schmuckmachen. Gleichzeitig begann sie eine innere Reise, die zu einer achtsamen Lebensweise führte, wie sie beispielgebender kaum sein könnte. Den großen Rucksack, um Plastikmüll aufzulesen, hat Kim Nogueira bei ihren Strandspaziergängen immer dabei. Foto John Nogueira. Dazu die Emaille-Kette „mundus imaginalis mala“.
Billa Reitzner aus München steht repräsentativ für eine große Zahl von GestalterInnen, die unbeirrt im Computerzeitalter in sorgsamer Handarbeit Dinge für den Gebrauch fertigen. Jede ihrer geschnittenen Schalen, dekorativen Servierplatten, formschönen Teekannen und feinen Porzellanlöffeln braucht Zeit und fordert Zuwendung. Und sie sind ein Angebot, fantasievoll und frei mit nachhaltigen Dingen umzugehen. Foto Ulrike Myrzik.
In ihrer aktuellen Ausstellung im Kunsthaus Bregenz hat die großartige Otobong Nkanga in vier monumentalen Installationen den Zustand unseres gequälten Planeten visualisiert. „Künstler sind wichtige Seismographen der Gesellschaft und Nkanga ist eine Seismographin der Erde“, schreibt Julie Metzdorf. Wer genau hinschaut, findet in ihren Werken – neben der dringlichen Mahnung zum Umdenken – auch zarte Zeichen der Hoffnung. Photos Markus Tretter, Courtesy of the artist © Otobong Nkanga, Kunsthaus Bregenz.
Ebenfalls in der neuen Art Aurea: Die Aktion „Pride Power“. Das 25-jährige Bestehen von „Amsterdam Pride“ rief den Schmuckkünstler Paul Derrez auf den Plan, Bürger und Passanten in Amsterdam mit einer Kette in den Farben des Regenbogens fotografieren zu lassen. Foto Misja B.
Ein Sonderteil dieser Ausgabe ist der 2019 viel zu früh verstorbenen Marike Sinnen aus Pinneberg und ihrer Schmucksammlung gewidmet. Beeindruckende Fotos von Hans Hansen, begleitet durch Texte von Dr. Rüdiger Joppien und Dr. Olaf Thormann. Marike Sinnen hat durch ihre zahlreichen Ankäufe viele SchmuckgestalterInnen ermutigt, glücklich gemacht und viel Hoffnung verbreitet. Titelbild mit Halsschmuck aus der Sammlung Marike Sinnen von Mecky van den Brink. Foto Hans Hansen.
Die Winterausgabe 4-2021 von Art Aurea, Umfang 128 Seiten, erscheint Ende November und ist in führenden Galerien und Geschäften für Angewandte Kunst und Schmuck erhältlich.