Dem einen ist Kunst völlig egal, anderen bedeutet sie viel, manchmal alles, in welcher Form auch immer. Über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kunst und Handwerk wurde oft nachgedacht und diskutiert. Unabhängig davon zeigt die Herbstausgabe, die 49. seit dem Neustart 2010, in einer Reihe von Beiträgen, dass eine handwerkliche Ausbildung oder Tätigkeit in frühen Jahren nicht selten ein fruchtbarer Nährboden für eine künstlerische Entwicklung ist.
Robert Smit lernte zunächst Instrumentenbauer und arbeitete mit 15 Jahren in einer Metallfabrik. Einen guten Nährboden für seine künstlerische Entwicklung fand er von 1963 bis 1966 in der Schmuckklasse der Kunst- und Werkschule Pforzheim. Anschließend gestaltete er zunächst abstrakten Goldschmuck mit Edelsteinen. 1971 verkaufte er seine Goldschmiedeausrüstung „um wieder frei zu sein“ und begann zu zeichnen. Wie die ganze Geschichte weiterging, beschreibt Liesbeth den Besten.
Bokyung Kim und Minsoo Lee studierten an der Seoul National University in Seoul. In ihrer Ausbildung bei dem koreanischen Keramikkünstler und -lehrer Kap-Sun Hwang entsprang ihre Liebe zum Material Porzellan. Was sie heute in ihrem Atelier in Dießen auf der Töpferscheibe drehen, hat jedoch auch mit dem Bauhaus zu tun. Die legendäre Schule erweist sich nach rund einem Jahrhundert immer noch als Humus für konstruktive Schöpferkraft. Julie Metzdorf und Ulrike Myrzik haben das Paar am Ammersee besucht.
Cécilie Feilchenfeldt ist in der Schweiz geboren, in München aufgewachsen und lebt seit 22 Jahren in Paris. Ihre kreativen Stoffentwicklungen dienen den Couturiers bekannter Modehäuser für neue Entwürfe. In ihrer Kindheit saß die kleine Cécilie mit ihrer Großmutter, einer Hauswirtschaftslehrerin, stundenlang zusammen, um mit ihr zu häkeln, zu stricken und zu sticken. Kaum vorstellbar, dass die Textildesignerin, die sich nebenbei noch „den Luxus leistet“, textilen Schmuck und Kunstobjekte zu machen, ihren Weg ohne die frühe Prägung durch ihre Oma gefunden hätte.
Louise Bourgeois wurde 1911 in Paris geboren und lebte von 1938 bis zu ihrem Tod 2010 in New York. Die international bedeutende Künstlerin wird gegenwärtig mit einer Einzelausstellung im Berliner Gropius Bau gewürdigt. Auch ihr Werk hat einen handwerklichen Hintergrund, denn als Kind half sie regelmäßig in der Tapisserie-Reparaturwerkstatt ihrer Familie aus. Später versuchte sie, mit ihren textilen Werken, Vergangenheit zu bewahren und zu transformieren sowie die Traumata zu heilen, hervorgerufen durch Trennungen oder Verlassenwerden. Noch bis 23. Oktober 2022.
Ein weiteres zentrales Thema in der Herbstausgabe von Art Aurea ist dem Loewe Craft Prize 2022 (Teil 1) gewidmet. Arbeiten und Informationen über die Siegerin, die Auszeichnungen und weitere spannende TeilnehmerInnen, die für die Ausstellung ins Seoul ausgewählt worden waren.
Review – Ausstellungen, Wettbewerbe und ein Buch über Schmuck
Friedrich Becker – Zum Spielen geboren. 2022 wäre der Düsseldorfer Pionier der Schmuckkunst 100 Jahre alt geworden. Zur Ausstellung im Goldschmiedehaus Hanau. Noch bis 16.10.2022.
Helmut Brade über Gertraud Möhwald. Die Ausstellung zu Keramikkünstlerin aus Halle (Saale), die eine Generation geprägt hat. Noch bis 26. Februar 2023 im Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen.
Bayerische Staatspreise für Gestaltung 2022. Über die Preisträger, die auf der Internationalen Handwerksmesse in München gekürt wurden.
Der Herbert Hofmann Preis für Schmuckkunst auf der Handwerk & Design in München. Die drei SiegerInnen sind Caroline Broadhead aus Großbritannien, das Künstlerduo Conversation Piece aus Schweden und Sungho Cho aus Südkorea.
Jetzt von hier. Deutsche Keramiker aus Ost und West mit Arbeiten von 17 deutschen KeramikerInnen macht dies deutlich. 04.September bis 6. November 2022 in der Galerie Marianne Heller, Heidelberg.
Mit einer Auswahl zentraler Skulpturen und Zeichnungen der letzten zwei Jahrzehnte würdigt die Albertina erstmals das Werk von Tony Cragg. Bis 6. November 2022.
Vorbericht über die 25. Zeughausmesse vom 13. bis 16. Oktober 2022 im KühlhausBerlin, Luckenwalder Straße 3.
Das Buch „350 Worte für Schmuck“ von Barbara Schmidt ist es ein Genuss für Schmuckfreude und ein Druckwerk, das vielfältige neue Einsichten in ein uraltes Thema menschlicher Kultur vermittelt.
Art Aurea Ausgabe 49, Herbst 2022, hat inklusive Umschlag 92 Seiten und ist erhältlich in führenden Galerien und Spezialgeschäften für 12 Euro (EU 14 euros) sowie im Abonnement. Bestellungen per Mail an artaurea@pressup.de oder unter: https://artaurea.de/abonnement/