Existenzfragen

Jede Kunst, jede ernsthafte Gestaltung entspricht einem existentiellen Bedürfnis. Die Sommerausgabe 2025 von Art Aurea zeigt Paradebeispiele.

Alljährlich treffen sich Mitte März in München Schmuckschaffende aus der ganzen Welt, ebenso ihre Galeristen, Sammler und Fans. Weit mehr als 100 Ausstellungen gibt es schon seit vielen Jahren! Von zentraler Bedeutung ist die Sonderschau Schmuck auf der Internationalen Handwerksmesse – seit 2025 in SCHMUCK münchen umbenannt. In der Ausstellung sind Werke von gut 60 SchmuckmacherInnen mit Kunstanspruch zu sehen – rund 800 KünstlerInnen aus der ganzen Welt haben sich diesmal beworben. 

Die erste Sonderschau Schmuck initiierte Herbert Hofmann von der Handwerkskammer München und Oberbayern 1959. Nach 66 Jahren lässt sich also sagen, dass der künstlerische Schmuck, auch Autorenschmuck genannt, institutionalisiert und weltweit verbreitet ist. Doch wie geht es weiter mit der Schmuckkunst? Und was denken führende KünstlerInnen über ihre Perspektiven? Das internationale Festival der Schmuckkunst in München bot eine gute Gelegenheit, darüber mit einigen Teilnehmern zu sprechen.

Das Vertraute im Fremden – Schmuck der Südlichen Hemisphäre in der Galerie Handwerk. Eine von über 100 Ausstellungen im März 2025 in München. Hier Fran Allison, Australien, bei ihrer Werkgruppe Assorted Titbits: Broschen in Form von täuschend echten Süßigkeiten. Foto Ulrike Myrzik.

Eine Kunstform, die sich ebenfalls ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus traditionellen Einschränkungen befreit hat, ist die Keramikkunst. Auch hier finden weltweit Ausstellungen von hohem künstlerischem Anspruch statt. Es gibt niveauvolle Wettbewerbe und exzellente Galerien, wenn auch zu wenige. Wie in der Schmuckkunst haben sich die KeramikerInnen international ausgetauscht, voneinander gelernt und sind zu einer globalen Gemeinschaft gewachsen. Doch auch hier sickert das Verständnis für Keramik mit geistigen Inhalten und Botschaften nur zögerlich in das kollektive Kunstbewusstsein ein. Unsere Titelstory stellt das Werk von Zizipho Poswa vor. Wie die südafrikanische Künstlerin und die sie vertretende Galerie Southern Guild die Einheit von Handwerk, Design und Kunst pflegen, ist beeindruckend. Ebenso die existentielle Verbindung von Leben und Kunst im Werk von Zizipho Poswa. 

Zizipho Poswas Skulpturen unterstreichen die Stärke der Xhosa-Frauen und die matriarchalische Führung ihrer Kultur. Die Künstlerin während ihrer Einzelausstellung Indyebo yakwaNtu [Black Bounty], Southern Guild, LA. © Elizabeth Carababas & Southern Guild.

Unser dritter Hauptbeitrag ist Frank Bruggeman gewidmet. Der Niederländer lernte zuerst Florist, bevor er sein Metier radikal neu dachte und seitdem mit abgestorbenem Pflanzenmaterial arbeitet – bis hin zur riesigen Museumsinstallation und Land Art. Ein Projekt ist der Nieuwe Tuin [Neue Garten] für das Rotterdamer Architektur- und Designmuseum. Gemeinsam mit dem ökologischen Gärtner Hans Engelbrecht demonstrierte Bruggeman, dass sich die Vielfalt der Natur und der Artenreichtum viel besser entfalten, wenn heimische Gewächse statt Zierrasen und Blumenrabatte gepflanzt werden. Bis dies in der ganzen Breite der Gesellschaft ankommt, dürfte es noch dauern. Existenziell wichtig, ist es trotzdem.

Frank Bruggeman arbeitet in seinen Werken gern mit getrocknetem Pflanzenmaterial. Aber auch in der Gartenkunst und Land Art realisiert der Rotterdamer Künstler innovative Konzepte. © Frank Bruggeman.

Curators’ Choice – Kurzporträts, ausgewählt von führenden internationalen KuratorInnen

Meisterhaftes Handwerk und Materialgefühl bilden die Basis, dazu ein Formverständnis, das begeistert und schließlich ein einzigartiges Konzept, das so noch niemand in der Welt erdacht hat. Nicht geringer ist der Anspruch an die KünstlerInnen für die Rubrik Curators’ Choice.

Lebendige Strukturen und formale Harmonie kennzeichnen die Gefäße der deutschen Keramikerin Dorothee Wenz. Der in Südafrika geborene und in London lebende Künstler Richard McVetis stickt Punkte und Linien, um die Zeit sichtbar zu machen. In ihren Objekten aus Glas erforscht die schwedische Künstlerin Ulrika Barr Naturkräfte und menschliches Einwirken. In seinen minimalistischen Werken macht der Münchner Sebastian Hepp die Dynamik des Schmiedeprozesses sichtbar. Der Schweizer Schmuckkünstler Benedict Haener verwandelt Diamanten und Kunstharz in süße Illusionen.

Dorothee Wenz, eine der fünf KünstlerInnen, die in der Rubrik Curators’ Choice in Ausgabe 60, Sommer 2025, vorgestellt werden.

Review – Rückblick und Ausblick auf wichtige Ausstellungen und Preise im Frühjahr und Sommer 2025

Bayerische Staatspreise 2025. Begehrte Auszeichnungen auf der Internationalen Handwerksmesse München.

Dießener Töpfermarkt 2025. Rund 160 KeramikerInnen aus zwölf Ländern zeigen ihre Werke. 

Herbert-Hofmann-Preis 2025. Bedeutende internationale Auszeichnungen für Schmuckkünstler.

Vom Kleinen ins Große. Sommerausstellung in der Münchner Galerie Handwerk. 

Internationale Keramiktage Oldenburg. Das große Keramikereignis in Norddeutschland.

Von Farben und Formen. Kunsthandwerk der Spitzenklasse in einem fränkischen Dorf. Die vielbeachtete Ausstellung von Eva Maisch in Lindelbach.

Schmuckkunst in Erfurt. Ein internationales Schmucksymposium und eine Stadtgoldschmiedin. 

Tag der offenen Tür im Jahr 2023 beim 19. Schmucksymposium in Erfurt. Foto Dirk Urban.

Die jüngste Ausgabe von Art Aurea hat mit Umschlag wie gewohnt 92 Seiten. Sie ist gestaltet und gedruckt wie ein Kunstbuch und in führenden Galerien und Geschäften für Angewandte Kunst und Schmuck erhältlich.

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