Wahlverwandtschaften

Ausstellung des Forums Angewandte Kunst und Ateliertage EinBlick Biennale in Nürnberg.

Für die Ausstellung 2024 des Forums für Angewandte Kunst im Neuen Museum Nürnberg haben die fünf Mitglieder Paul Müller, Cornelius Réer, Sabine Steinhäusler, Annette Zey und Sabine Ziegler fünf Künstlerinnen als „Wahlverwandte“ eingeladen. Es geht um „verwandte“ Formen und Inhalte sowie Arbeits- und Denkweisen.

Der Metallgestalter Paul Müller hat die Berliner Schmuckkünstlerin Svenja John ausgewählt. Der spielerische Umgang mit geometrischen Formen sowie die skulpturalen Möglichkeiten einer Idee auszureizen, ohne dabei die Funktion aus den Augen zu verlieren, ist für beide wichtig. Vertraut mit traditionellen Handwerkstechniken, haben sie keine Berührungsängste, industrielle Fertigungsmethoden einzusetzen. Müller verwendet Stahl, Edelstahl, Bronze, Messing und Silber für seine klaren skulpturalen Formen. Svenja John nutzt farbige Elemente aus Polycarbonat und Nylon, lässt diese mit modernen Fertigungstechniken schneiden und verbindet sie zu ornamentalen Strukturen.

Zur Ausstellung im Neuen Museum haben die fünf Mitglieder des Forums Angewandte Kunst Nürnberg fünf KünstlerInnen mit „verwandten“ Positionen eingeladen. Paul Müller, Kerzenleuchter, Stilles Fest 1, Edelstahl, B 55 cm, T 55 cm, H 50 cm. Foto Paul Müller.

Svenja John, Armschmuck, Lalibela, Polycarbonat Makrolon®, Nylon 3D-Druck, fein pigmentierte Acrylfarbe, B 8 cm, L 8 cm, H 7 cm. Foto Tivadar Nemesi.

Die Goldschmiedin Sabine Ziegler hat die Münchner Keramikerin Christine Wagner als „Wahlverwandte“ auserkoren. Beide lieben klare Formen und sensible Oberflächen. Wagners Gefäße und Vasen aus Steinzeug basieren auf den Grundformen Zylinder, Kubus und Quader. Linien, Gitter und Stempelabdrücke stehen im Kontrast zur architektonischen Strenge der Außenformen. Ziegler sägt und feilt die Formen ihrer Ringe aus speziellem Wachs. Die so angelegten Strukturen werden nach dem Guss weiterbearbeitet. 

Sabine Ziegler, Ring mit Linien, Silber 925, oxidiert Ø 2,7 cm, H 18 cm. Ring punziert, Silber 925, Ø 26 cm, H 14 cm. Foto Paul Müller.

Rechteckige Vase von Christine Wagner in der Ausstellung Wahlverwandtschaften. Steinzeug, Querrillenstruktur, Kaolin, 17,5 x 7,5 x 32,5 cm.

Die Silberschmiedin Annette Zey und die Keramikerin Maya Fenderl aus Halle gestalten Vasen und Gefäße im Spannungsfeld zwischen freier Skulptur und Gebrauchsgegenstand. Fenderls abstrakte Vasenplastiken sind Charaktere mit schrillem, extravagantem Gemüt. Der Gebrauch ist zweitrangig. Dies gilt ebenso für die Schalenobjekte von Zey. Beide eint die Suche nach Einzelformen und Strukturen sowie das Zusammensetzen der Module zu Gefäßformen. 

Links: Annette Zey, Schale Platanus, Messing, H 30 cm. Foto Annette Zey.
Rechts: Maya Fenderl, Gefäß Tröte, Keramik, glasiert, H 75 cm. Foto Alexander Burzik.

Der Glaskünstler Cornelius Réer und die Lübecker Silberschmiedin Beate Leonards lieben das Spiel mit Formen und die Ästhetik der Einfachheit. Leonards Vasen sind bewegte Figuren, die sie aus mehreren asymmetrischen, konisch geformten Ringen zu einem Körper zusammenfügt. Durch die Verwendung von Stahlformen fertigt Reer in jüngster Zeit verstärkt asymmetrische Formen mit semitransparenter Oberfläche.

Links: Beate Leonards, Vase, Tombak, patiniert, H 21 cm. Foto Beate Leonards. 
Rechts: Cornelius Réer, Vasen Modul, Glas, Hüttentechnik, H 31 cm, Ø 13 cm. Foto Cornelius Réer.

Die Goldschmiedinnen Sabine Steinhäusler und Christine Graf aus München setzen traditionelle Goldschmiedetechniken innovativ in prozesshafter, experimenteller Arbeitsweise ein. Beide gehen oft von Hohlformen und Röhren aus. Bei Steinhäusler werden sie durch Verformung wie Dehnen oder Stauchen plastisch verändert, während Graf sie durch Emaillieren in Farbräume verwandelt.

Christine Graf, Brosche, hallucigenia, Kupfernetz, Emaille, Gold 900, Silber 925 geschwärzt, Stahlnadel, 12,5 x 9,4 x 2,4 cm. Foto Christine Graf.

Sabine Steinhäusler, Brosche, Feinsilber, Silber 925, Perlmutt, Stahlnadel, 6 x 5 x 3 cm. Foto Paul Müller.

Ergänzend zur Ausstellung Wahlverwandtschaften finden in diesem Jahr zum 20. Mal die Ateliertage EinBlick Biennale statt. Eine Veranstaltung, die das Forum Angewandte Kunst Nürnberg organisiert. Die Teilnehmer haben dazu auch Gäste aus Deutschland und dem benachbarten Ausland eingeladen. Insgesamt sind in den Ateliers Arbeiten von 50 KunsthandwerkerInnen aus den verschiedensten Sparten zu sehen. Die BesucherInnen können dabei die Produktionsräume und KünstlerInnen an drei Tagen kennenlernen. Die feierliche Eröffnung, sowie die Einführung zu Wahlverwandtschaften findet am 7. November 2024 im Neuen Museum Nürnberg statt.

Das Forum für Angewandte Kunst wurde 1996 gegründet und ist seit Beginn 2003 ein gemeinnütziger Verein Nürnberger KunsthandwerkerInnen. Anlass der Gründung war das Fehlen von Präsentations- und Verkaufsmöglichkeiten. Dies wurde mit den Ateliertagen für angewandte Kunst sowie thematischen Ausstellungen erreicht. Dabei kooperierte das Forum für Angewandte Kunst mit den Institutionen und Museen der Stadt Nürnberg, insbesondere dem Germanischen Nationalmuseum und dem Neuen Museum Nürnberg. So konnten zeitgenössische Strömungen und Positionen des nationalen und internationalen Kunsthandwerks in Nürnberg einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Wahlverwandtschaften
25. 10. 2024 – 06. 01. 2025
Neues Museum Nürnberg
www.nmn.de

EinBlick Biennale
08. – 10. 10. 2024
www.forum-ak.de

  • EinBlick Biennale
    Ateliertage für angewandte Kunst im Raum Nürnberg
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