Kunst, Handwerk, Leben

Kunst und Handwerk als Lebenselixier! Kann dies auch für ganze Orte gelten? Ein Beispiel in der Winterausgabe 2023 von Art Aurea.

Dass Kunst und Handwerk wesentliche Elemente eines erfüllten individuellen Lebens sind, steht außer Zweifel. Dass sie auch ganze Orte befruchten und prägen können, zeigen Beispiele von Dörfern, Städten oder Stadtteilen, die durch KünstlerInnen, Werkstätten oder Manufakturen international bekannt wurden und heute noch von vergangenem Ruhm profitieren. 

Anders Dießen am Ammersee. Zwar sind auch dort die großen Namen wie Carl Orff, der Komponist von Carmina Burana, und Fritz Winter, der Maler der „Triebkräfte der Erde“, Geschichte. Aber Dießen hat nicht nur einen Töpfermarkt, der unter der Leitung von Wolfgang Lösche zu einem europäischen Festival der Keramikkunst wurde. Die Marktgemeinde hat für ihre Größe von gut 10.000 Einwohner eine überaus lebendige Kunst- und Kulturszene. Unseren Beitrag über den Künstlerort Dießen, in dem Kunst und Handwerk vitale Elemente des öffentlichen Lebens darstellen, schrieb Katalin Fischer. Die Theaterregisseurin, Dozentin und Autorin hat nach Stationen in Budapest, München, Paris und Tel Aviv in Dießen eine Heimat gefunden. Ihrem Partner Noah Cohen verdanken wir die prächtigen Fotografien. 

Lebt als Künstlerin in Dießen. Katharina Andress arbeitet traditionell handwerklich und erzeugt futuristische Figuren. „Das Holz erkennt man nicht mehr, die Betrachter denken an Kunststoff oder Keramik.“ Foto Noah Cohen.

Vom oberbayerischen Dießen sind es gerade mal 50 Kilometer ins bayerische Allgäu nach Kaufbeuren. Im heutigen Stadtteil Neugablonz siedelten sich 1945 rund 18.000 Bewohner der damaligen tschechischen Region um Gablonz an und bauten in der neuen Heimat ihre Glas- und Bijouterie Industrie wieder auf. Auch eine Staatliche Berufsfachschule für Glas und Schmuck entstand. Christiane Förster und ihr Mann Norman Weber haben an dieser Schule gelernt und anschließend an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert. Heute unterrichten beide in Neugablonz. Julie Metzdorf und Ulrike Myrzik haben das Künstlerpaar an ihrem Wohnort in Kaufbeuren besucht.

Die gemeinsame Werkstatt ist der Magnet ihres Hauses. Hier verbringt Christiane Förster und Norman Weber so viel Zeit wie möglich. Foto Ulrike Myrzik.

Reparieren statt wegwerfen! Über Generationen war dies normal und existenzerhaltend. Bis man uns weismachte, dass nur das Neue glücklich macht. Marina Frey beweist das Gegenteil. Ein Stuhl aus der Gründerzeit, geschenkt von ihren Eltern, erweckte ihr Bedürfnis, dessen Flechtwerk selbst zu erneuern. Später machte sie ihr Hobby zum Beruf und ist heute eine weithin gefragte Expertin, wenn Designklassiker oder historische Stühle zu reparieren sind. Ihre beeindruckende Geschichte hat Jasmin Jouhar zuerst für die Online-Ausgabe der FAZ erzählt. Zusammen mit den authentischen Fotografien von Lucas Bäuml halten wir diese auf dem feinen Papier von Art Aurea fest.

Manche Stuhlgeflechte geben Rätsel auf. Um sie zu lösen, tauscht sich Marina Frey mit befreundeten Flechtern aus, recherchiert in Museen und Archiven und nimmt Kontakt zu Wissenschaftlern auf. Die Neue Sammlung in München empfiehlt sie als Expertin. Bildnachweis: F.A.Z.-Foto/Lucas Bäuml.

Auch in den weiteren Beiträgen dieser 54. Ausgabe von Art Aurea geht es den Einklang von Kunst, Handwerk und Leben, den wir in diesen Zeiten mehr denn je benötigen und der, wie im Fall von Dießen, einen ganzen Ort nachhaltig prägen kann. 

Kurzporträts, ausgewählt von renommierten Galeristinnen und Galeristen 

Alexandra Brachtendorf. Sie gestaltet Gold und Silber so, dass es trotz seiner Schwere und Wertigkeit Leichtigkeit und Eleganz ausstrahlt.

Der Schmuck von Alexandra Brachtendorf zeichnet sich durch formale Strenge und expressive Oberflächen aus. Collier Stülp, Gold 750. Foto Eva Jünger.

Willem Speekenbrink. Geht das? Tiefgründige, mehrdeutige Skulpturen und phantasievolle Ojekte des Gebrauchs aus einer Hand.

Mirjam Hiller. Farbe und Form, expressiv, vielseitig und überraschend: Schmuck von überzeugender künstlerischer Qualität.

Paul Müller. Kerzenleuchter als Raumzeichnungen oder Zeichen im Raum. Form follows Funktion mit einem Hauch von Transzendenz.

Review – Wettbewerbe und Ausstellungen

Danner-Preis 2023. Über die Preisträger des Wettbewerbs für Kunsthandwerk und eine bemerkenswerte Ausstellung in der Heiliggeistkirche in Landshut.

Erlesenes Kunsthandwerk und Spiritualität, die Ausstellung von 41 ausgewählten Wettbewerbsarbeiten des Danner-Preises 2023 in der Heiliggeistkirche in Landshut. Foto Eva Jünger.

Die MK&G messe 2023. Die Verkaufsausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg vereint deutsches und internationales Kunsthandwerk der Spitzenklasse.

Noa Eshkol. Zuerst entwickelte sie neue Formen des Tanzes und ein Notationssystem. Warum sie später nur noch Wandteppiche knüpfte, zeigen zwei Ausstellungen in Berlin.

Installation, Noa Eshkol, Juni 2023, Art Basel. © Courtesy The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel / neugerriemschneider, Berlin. Foto Sebastiano Pellion di Persano.

Welchen Wert hat unsere Kleidung? Die Ausstellung Critical Consumption in der MAK Galerie in Wien thematisiert die Verschwendungssucht unserer Zeit.

Die Winter-Ausgabe hat inklusive Umschlag 92 Seiten und ist erhältlich in führenden Galerien und Geschäften für 12 Euro (EU 14 euros). Bestellungen per Mail an artaurea@pressup.de.

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