Shozo Michikawa in Frankfurt

Bedeutende Keramikkunst in der Galerie Japan Art – Friedrich Müller.

Japan Art findet sich im Galerienviertel der Frankfurter Altstadt gegenüber dem Museum für Moderne Kunst. Sie ist eine der wenigen Kunstgalerien in Deutschland, die auf hohem Niveau bildende und angewandte Kunst ausstellen. Seit dem Tod des Gründers Friedrich Müller im Mai 2007 sind seine Frau Christa und die beiden Söhne Marcus und Alexander für das Programm verantwortlich. Noch bis 17. Juli 2021 läuft eine Ausstellung mit dem Keramikkünstler Shozo Michikawa.

Shozo Michikawa

Shozo Michikawa, Skulpturale Form, 2020. Steinzeug, der natürliche Ascheanflug entsteht im Anagama (mit Holz befeuerter Einkammer-Ofen), 45 x 15,5 cm.

1953 auf der Insel Hokkaido, in einem Naturpark nahe des aktiven Vulkans Usu im Norden Japans, geboren, hatte Shozo Michikawa zunächst eine Laufbahn in der Wirtschaft eingeschlagen, bevor er über Abendkurse zur Keramik kam. In Seto, einem der berühmten japanischen Keramikorte, arbeitete er zuerst in einer Keramikfabrik, bevor er seine ganz eigene Technik und die darauf basierende skulpturale Formensprache entwickelte. Seit vielen Jahren zählt Michikawa zu den wichtigsten Keramikkünstlern seines Landes. Seine Werke wurden weltweit ausgestellt und sind in wichtigen öffentlichen Sammlungen vertreten. Fragen an Marcus Müller über das Konzept der Galerie und die aktuelle Ausstellung.

Shozo Michikawa

Shozo Michikawa. Skulpturale Form, 2020. Steinzeug, Glasur Tanka mit Silber, 43 x 16,5 cm. Die schwarze Verfärbung entsteht durch Kohle in der Brennform. Im Anschluss wird die Silberglasur aufgebracht und die Keramik erneut bei niedriger Temperatur im Gasofen gebrannt.

AA Was ist das Besondere an den Arbeiten von Shozo Michikawa und was schätzten Sie daran persönlich?

MM An Shozo Michikawa’s Arbeiten schätze ich die besonderen skulpturalen Formen und Strukturen, die durch seine einzigartige Herstellungstechnik entstehen. Reizvoll sind auch die aufgebrochene energetische Formen mit Rissen und Spalten, welche die Werke durchziehen, bis hin zu Durchsichten. Sie resultieren aus der Dynamik der drehenden Töpferscheibe. Die Entstehung seiner Werke wird oft auch mit den Kräften der Natur in Verbindung gebracht – wie etwa bei Felsen, die von Naturgewalten geformt wurden.

Shozo Michikawa

Bei dieser skulpturalen Form aus Steinzeug von 2020 verwendete Shozo Michikawi die weiße Glasur Kohiki, 25 x 15 cm.

AA Die japanische Keramikkultur ist von zwei scheinbar gegensätzlichen Richtungen geprägt. Die vor allem von China beeinflusste Gebrauchskeramik ist eher schlicht und elegant. Die andere, vom Zen-Buddhismus und Shintoismus beeinflusste Richtung will den Charakter des Materials und der beseelten Natur zum Ausdruck bringen, so wie das Shozo Michikawa mit einer ganz eigenen Technik macht. Können Sie auch etwas zu seinen Brenntechniken und Glasuren sagen?

MM Beim Brand im Anagama, dem japanischen Einkammerofen, entstehen die eindrucksvollen Verfärbungen durch natürliche Ascheglasur. Genauso faszinierend sind die in der gleichen Technik geformten und anschließend im Gas Ofen gebrannten eleganten schwarz-silbernen Werke „Tanka“ und die weißen „Kohiki“. Bei anderen Arbeiten kommen dann noch mit Eisenoxyd aufgebrachte kalligrafisch anmutende Akzente hinzu.

Shozo Michikawa

Shozo Michikawa, Skulpturale Form, 2020. Steinzeug, Glasur Shino, 23 x 30,5 x 20 cm.

AA Shozo Michikawa ist auch ein sehr kommunikativer und unterhaltsamer Künstler, der keine Geheimnisse um seine Technik macht und diese auch gerne öffentlich demonstriert. Davon zeugt eine Videovorführung im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt von 2018. Der Link findet sich auf Ihrer Webseite. Bei der Vorführung fällt auf, wie elementar wichtig bei Michikawa seine selbst entwickelten Technik und sein handwerkliches Können sind. Zumindest in Deutschland gelten handwerkliche Aspekte in der Kunst fast als ein Makel, über den man nicht gerne spricht? Wie sehen Sie dies und ist das auch ein Thema in Gesprächen mit Ihren Galeriekunden?

Shozo Michikawa

Oft mit Hilfe eines Stocks formt Shozo Michikawa seine eindrucksvollen Skulpturen aus Ton.

MM Die Technik spielt in jedem von Hand geschaffenen Kunstwerk eine wichtige Rolle. Daher sehen wir die handwerklichen Aspekta als Bestandteil der Entstehung aller Werke. Oft werden wir von unseren Besuchern auch nach dem Entstehungsprozess bzw der Technik gefragt, wozu wir dann gerne alles erklären, was wir darüber wissen. In Japan gibt es übrigens die Trennung von Kunst und Handwerk nicht so, wie dies in Europa der Fall ist.

AA Im Profil Ihrer Galerie findet sich der etwas lange aber sehr schöne Satz: „In ständiger Suche nach der ‚Kunst‘ in den einfachen Dingen – einer gewissen Ausstrahlung und Beseeltheit, die jenseits eines subjektiven und temporären Gefallens liegt, sondern die universell zugänglich ist, die bewegt und lebendig bleibt – ist es Friedrich Müller gelungen, Objekte mit ästhetischen, kulturellen und historischen Hintergründen zu finden.“ Aus dieser Begeisterung heraus hat Ihr Vater die Galerie Japan Art 1977 gegründet. Seit den 1970er Jahren ist ein halbes Jahrhundert vergangen. Wie gültig und wie wichtig erscheint Ihnen dieser Satz heute?

MM Dieser Satz erscheint uns auch heute noch von zentraler Bedeutung, weil uns Qualität, Reduktion und zeitlose Ästhetik in der Kunst nach wie vor begeistern und ein wichtiges Auswahlkriterium für uns ist. Dies gilt für die frühen volkskundlichen Mingei-Werke genauso wie für die zeitgenössischen Werke, die wir ausstellen.

  • Japan Art - Galerie Friedrich Müller
    Braubachstraße 9
    60311 Frankfurt am Main
    Deutschland
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