Roger und Jacotte Capron

Die Keramikskulpturen des französischen Künstlerpaars in der Galerie de la Perle Noire in Agde, Südfrankreich.

Sie sind farbenfroh und geprägt von heiterer, südfranzösischer Lebensart, die Keramikskulpturen von Roger und Jacotte Capron. Meist sind es skurrile Frauengestalten, die Körper mal kubistisch zergliedert, mal verschmolzen mit Tiergestalten oder langgestreckt wie Insekten. Die Galerie de la Perle Noire im südfranzösischen Agde, Südfrankreich, widmet dem französischen Künstlerpaar jetzt eine Ausstellung. Roger Capron, geboren 1922, studierte angewandten Kunst in Paris. Nach kurzer Lehrtätigkeit eröffnete er 1946 das Atelier Callis in Vallauris. Das Städtchen in den Hügeln bei Cannes ist schon seit dem 16. Jahrhundert als Keramikzentrum bekannt. Zwischen 1947 und 1950 fertigte er neben seinen poesievoll überzeichneten Frauen- und Tierskulpturen auch Vasen, Leuchten und andere Gebrauchsobjekte. 1948 kam Pablo Picasso für sieben Jahre nach Vallauris und beeinflusste dort nachhaltig die Keramikkunst. Für Roger Capron wurde er ein Vorbild und Freund. Zusammen mit anderen jungen Keramikern, die Picassos Impulse begeistert aufnahmen, erprobte Capron nicht nur künstlerische Formen, sondern auch neue Brenntechniken und Glasuren.

Roger und Jacotte Capron

Keramikskulptur von Roger und Jacotte Capron. Der Einfluss von Pablo Picasso, mit dem das Künstlerpaar befreundet war, ist deutlich sichtbar. Photo Philippe Capron.

1952 eröffnete Roger Capron die Poterie du Font des Horts. Geleitet vom Konzept gut gestalteter Serienprodukte, wie sie vom Bauhaus propagiert wurden, baut er mit seinen Mitarbeitern eine Serienproduktion von Dekorations- und Gebrauchsobjekten auf. Nach der Heirat mit seiner Frau Jacotte im Jahre 1955 kamen künstlerisch dekorierte Fliesen und Wandobjekte hinzu. Die Absolventin einer Kunsthochschule wurde bald seine engste Mitarbeiterin und widmete sich vor allem der Farbgebung. In den 1950er Jahren etablierten sich Roger und Jacotte Capron mit der Produktion von Möbeln und Kunstobjekten aus Keramik auch international. Ihre Kreationen wurden mehrfach ausgezeichnet: zum Beispiel 1954 mit der Goldmedaille auf der X. Triennale in Mailand sowie 1959 und 1970 in Brüssel mit dem internationalen großen Preis für Keramik.

Jacotte et Roger Capron

Zampana von Jacotte et Roger Capron. Die Keramiken des Paars sind meist farbenfroh und fröhlich. Photo Philippe Capron.

2003 widmete das Musée national de Céramique-Sèvres in Paris „Les Capron“ eine Retrospektive für ihre beachtliche künstlerische Produktion. Die New York Times bezeichnete Roger Capron als „einen der produktivsten und wichtigsten Kunsthandwerker der europäischen Nachkriegszeit“. Zusammen mit seiner Frau Jacotte habe er in Vallauris die Ästhetik der 1950er Jahre miterfunden, die sich aus der Keramiktradition des Mittelmeerraums speise. Mit der Gestaltung eines Hafengebäudes in Cannes machte sich Roger Capron 1958 auch in der Architektur einen Namen. Im selben Jahr erhielt er die Goldmedaille für Architekturkeramik in Brüssel. Aufträge für das Théâtre de Nîmes, das Hôtel Byblos in St. Tropez, für Restaurants und öffentliche Gebäude folgten. Die Manufaktur beschäftigte bis zu 120 Mitarbeiter. Neben Fliesen wurden auch Tische und Schränke nach den Entwürfen von Roger und Jacotte Capron umgesetzt.

Jacotte et Roger Capron

Keramikskulptur Les bas bleu von Jacotte et Roger Capron. Skurrile, märchenhafte Frauengestalten sind ein wiederkehrendes Thema. Photo Philippe Capron.

Jacotte und Roger Capron

Nach ihrer Heirat begann eine lange künstlerische Zusammenarbeit zwischen Jacotte und Roger Capron. Hier im Atelier der südfranzösischen Keramikstadt Vallauris. © Photo Jack Boland.

Inzwischen sind die Skulpturen von Roger Capron auch in öffentlichen Gärten und Räumen zu sehen. Zu verdanken ist dies Reinhold Harsch, einem Fliesenunternehmer und Kunstsammler aus Ebersbach bei Göppingen. Lange hatte Roger Capron davon geträumt, seine Skulpturen in großen Dimensionen umzusetzen. Reinhold Harsch hatte die Idee, sie in Beton zu fertigen. Er wählte einige Stücke aus seiner Sammlung aus, ließ sie in seiner Firma vergrößern und Gussformen anfertigen. Unterstützt von ihrem Enkel Louis besuchte Jacotte Capron mehrfach die Firma Harsch, um die Arbeiten zu kolorieren. Seit 1994 initiierte Reinhold Harsch 13 Ausstellungen mit den Werken des Zeitgenossen und persönlichen Freundes von Pablo Picasso. Roger Capron starb 2006.

Die von Agence Lemignot kuratierte Ausstellung in der Galerie La perle noire Agde lenkt den Blick auf eine Kunstepoche zwischen den 1950er und 70er Jahren in Südfrankreich, die nach dem 2. Weltkrieg vom Bedürfnis nach poetischer, verspielter Leichtigkeit geprägt war. Die Galerie im Herzen der Altstadt ist auch der Startpunkt für eine Besichtigung der rund 30 Künstlerwerkstätten im Zentrum von Agde. Vorbildlich unterstützt von der Regionalverwaltung, der Communauté d’Agglomération Hérault Méditerranée, wurde die lange Zeit dahinsiechende historische Altstadt durch Kunst und Handwerk mit neuem kulturellem Leben erfüllt.

Stillphotos: Philippe Capron
Porträtphoto: © Jack Boland

  • Roger & Jacotte Capron
    Galerie de la Perle Noire
    6 Place Molière
    34300 Agde
    Frankreich
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