Der Beginn der Moderne in Kunst und Design war befügelt von der Idee, gute Dinge zu entwerfen. Am deutlichsten wurde dies am Bauhaus (1919–1933) formuliert. Als gut galt, was schlicht und funktionell war.
Ornamentik und Eklektizismus wurden als unnütze Verschleierung und verlogene Maskerade angesehen. Die Ästhetik von Häusern, Räumen und Gebrauchsgegenständen sollte nur von der Funktion bestimmt sein. Damit verbunden war der Anspruch, breiten Schichten eine bessere Lebensqualität zu bieten. Die HfG Ulm (1953–1968) und viele andere Gestaltungsschulen griffen dieses Gedankengut auf, das bis heute aktuell ist, wie die jüngste Ausstellung Alles ist Design bei Vitra und in der Bundeskunsthalle Bonn zeigte. Jedoch hat sich inzwischen Grundlegendes verändert. Noch nie wurden – zumindest in modernen Demokratien – individuelle Freiheiten höher geschätzt als heute. Formdiktate, wie sie Max Bill 1957 in seinem Buch Die gute Form postulierte, wurden bereits Ende der 1960er Jahre obsolet. Wer es verspielt oder verschnörkelt mag, darf inzwischen damit glücklich werden.
Während vor 100 Jahren noch 2 Milliarden Menschen unseren Globus bewohnten, waren es 2015 bereits 7,35 Milliarden. Allein diese Menge zwingt Designer, Produzenten, Politiker und uns alle zum Umdenken. Schlecht ist jedes Produkt aus Kunststoff, das am Ende die Weltmeere verschmutzt. Schlecht ist, was nicht reparierbar und nur kurzzeitig genutzt wird. Nach einer Studie von Greenpeace sollen zwei Milliarden Kleidungsstücke allein in Deutschland kaum getragen in den Schränken hängen. Schlecht ist, wenn der Ökologische Fußabdruck in Deutschland bei 5 Hektar liegt. Würde jeder so leben bräuchten wir jetzt schon 2,6 Erden. Gerecht wäre ein Ökologischer Fußabdruck von 1,7 Hektar.
Einige Beiträge dieser Ausgabe zeigen ganz konkret, wie Designer und Künstler versuchen, ökologische Verantwortung zu übernehmen. Zum Beispiel Gitta Pielcke, die sich mit ihrem Schmuck gegen die Massentierhaltung bei Hühnern wendet. Oder die junge Modedesignerin Elke Fiebig, die sich der Slow Fashion verschrieben hat. Der Architekt Philippe Rahm berücksichtigt in seinen Projekten ökologische wie ökonomische Belange. Ritsue Mishima bewegt sich mit ihren Glasobjekten ebenso wie die Campana Brothers und Christopher Duffy mit ihren Möbeln im Kunstbereich. Bei Design-Auktionen wird deutlich, dass es besonders künstlerisch und handwerklich anspruchsvolle Dinge sind, die sich dem schnelllebigen Konsum entschieden verweigern und Generationen überdauern. Nur wenige können sich sowas leisten, werden Kritiker sagen. Das ist nur zum Teil wahr. Sehr viele könnten weniger, aber bessere Dinge kaufen. Zwar ist nicht alles Teure automatisch gut, auch da gilt es zu unterscheiden. Aber der ungebremste Billigwahnsinn kommt uns, unseren Kindern und unserer Umwelt am teuersten zu stehen.
Text Reinhold Ludwig