Natürliches Licht bleibt ein kaum fassbares Phänomen. Was jeden Morgen unseren Tag erweckt, entsteht bei einer Kernfusion im Innern der Sonne und strahlt mit fast 300.000 km pro Sekunde ins dunkle All. Für die rund 150 Millionen km zur Erde braucht das Sonnenlicht knapp 8½ Minuten. Vollkommen transparent und unsichtbar enthält es alle Farben des Regenbogens. Jeder Stoff absorbiert und reflektiert einen Teil davon. So ist Licht die Quelle aller Farben, derer sich die Natur so genial und vielfältig bedient, um Leben zu schaffen.
Kein Wunder, dass viele Kulturen Licht mit Transzendenz und Göttlichkeit assoziiert haben und Licht, natürliches und künstliches, ein zentrales Thema der Kunst wurde. Ungezählt die Maler, die sich an lichtdurchstrahlten Himmeln und Landschaften versucht haben oder an der Dramaturgie von Licht und Schatten. Wem es gelang, der konnte berühmt werden. So wie der Barockmaler Rembrandt mit seiner sakralen Lichtmystik, der Impressionist Monet, der kleinste Lichtreflexe zum sinnlichen Erlebnis machte oder der Zerokünstler Mack mit experimentellen Lichtreliefs und Licht-Installationen in der Wüste.
1961 baute der amerikanische Minimalist Dan Flavin seine ersten Objekte mit Hilfe von Leuchtstoffröhren. Inzwischen ist Lichtkunst ein populäres Thema und die Grenzen zum Design sind fließend. Unsere Autorin Andrea Mende stellt fünf Lichtkünstler und Designer vor, die das gegenwärtige Spektrum sichtbar machen. Um das Thema Licht und Farbe dieser Ausgabe geht es auch im Interview mit Ulrike Mäder sowie in den Beiträgen über die Lichtinszenierungen in den Höllgrotten im Schweizer Kanton Zug und die Kapelle des Dorotheenstädtischen Friedhofs in Berlin durch den amerikanischen Lichtkünstler James Turrell.
Nicht so spektakulär, aber nicht weniger phänomenal ist die Story der Schmuckgestalterin Gertrud Menzel aus Bremen. Erst mit 40 Jahren hat sie studiert. Ihr Professor Peter Raacke wurde durch das Besteck mono bekannt. In ihrem konstruktivistischen Schmuck erhält Farbe eine plastische Form, wirkt in den Raum und ist in diesem Punkt den Werken von Minimalisten wie Dan Flavin oder Donald Judd verwandt. Mit 89 Jahren stellte Gertrud Menzel auf der letzten Grassimesse in Leipzig aus. 2016 wurde sie 90 und noch immer sägt sie jedes ihrer Stücke präzise aus Silberblech aus. Mit höchster Präzision lackiert, bohrt, vernietet und verlötet sie die Teile. Am Ende steht ein subtiles Spiel mit Licht und Farbe.
Text Reinhold Ludwig
Previewphoto Grimanesa Amorós Studio, Lichtskulptur DNA, Philippe Starck Malecon Building, Lima, Peru, 2016. Courtesy of Grimanesa Amorós Studio