In der Ausstellung „Von der Übereinkunft der Elemente“ werden Werke von acht KünstlerInnen der ersten Generation nach 1945 gezeigt. Sie haben die deutsche Entwicklung der Keramikkunst nicht unwesentlich mitgeprägt und deren Spielraum erweitert: von der Gefäßkeramik hin zum eigenständigen Kunstobjekt und zur Skulptur. Jeder auf individuelle Weise, auch wenn es sich meist um Künstlerpaare handelt. Der Bildhauer und Keramiker Klaus Lehmann (1927–2016) und seine erste Frau Signe Pistorius-Lehmann (1925–2012), Karl Scheid (1929–2019) und Ursula Scheid (1932–2008), Gerald Weigel (1925–2019)und Gotlind Weigel (*1932). Dazu Beate Kuhn (1927–2015) und Franz Josef Altenburg (1941–2021).
Als Londongruppe wurden die Scheids, die Weigels und Beate Kuhn 1968 durch eine Ausstellung in Henry Rothschilds Primavera Gallery in London international bekannt. Mit dabei war damals noch Margarete Schott. Ursula und Karl Scheid befassten sich früh in ihren Gefäßen mit Dekor und Ornament. Die anfänglich floralen Muster wichen bei beiden später vermehrt geometrischen Dekoren und Formen. In seinem Spätwerk gestaltete Karl Scheid in höchster Präzision aus Platten zusammengefügte Raumkörper, nicht selten paarweise oder in noch größeren, symmetrisch geordneten Gruppen. Durch die konstruktive Präzision und farbige Akzentuierung der Glasur entstanden keramische Objekte mit einer Nähe zur konkreten Kunst.
Vielfältig und manchmal überraschend originell sind auch die Gefäßformen und Objekte von Gotlind und Gerald Weigel. Gotlind Weigel nennt die Ideen des Bauhauses als prägend für ihre Jugend und spätere Ausbildung. Doch ist es nicht der rechte Winkel, sondern „die schwingende Linie“ der sich wie ein roter Faden durch ihre Arbeit zieht. Für Gerald Weigel waren es nach anfänglicher Gebrauchskeramik Steinformen bis hin zu Felsformationen, die ihn inspirierten. „Wichtig ist mir dabei die Feststellung, dass es nicht darum geht, Steine zu imitieren. Alle Arbeiten sind aus schamottiertem Steinzeugton gebaut. Dabei entstehen überwiegend doppelwandige Objekte, deren Oberflächen modelliert und mit Oxyden und Engoben behandelt werden.“ Nachzulesen auf der Webseite der Gruppe 83, einer Vereinigung deutscher KeramikkünstlerInnen, der auf Gotlind und ihr Mann Gerald Weigel angehörten.
Mit ihren aus gedrehten Keramikkörpern komponierten, vielgliedrigen und zart kolorierten Skulpturen nimmt Beate Kuhn eine singuläre Position in der deutschen und wohl auch internationalen Keramik ein. Als begeisterte Hörerin moderner Musik, vor allem des italienischen Komponisten Luigi Nono, übertrug sie ihre Klangempfindungen in einzigartiger Weise auf ihr Medium Keramik.
Klaus Lehmann wandte sich nach seinem Studium an der Werkkunstschule Kassel bereits in den frühen 1960er Jahren von der Gefäßkeramik ab und arbeitete fortan als Bildhauer mit Ton. Seine kubischen Objekte ordnete der Autor Roland Held der Minimal Art zu, die Lehmann „mit großem haptischem Reiz zu verbinden wusste.“ Der Künstler nannte die geometrischen, seitlich oder oben offenen Körper in changierenden Erdtönen ‚Container‘. Er habe sich, schreibt Held, geistesverwandt gefühlte speziell mit „den Kollegen von der Konkreten Kunst.“ In seinem Spätwerk formte er vollkommen gegensätzliche plastische, monochrome Objekte. Die amorphen Oberflächen dieser schwer deutbaren Plastiken weisen Beziehungen zu den Arbeiten Giacomettis auf, ohne jedoch erkennbare figurative Abstraktionen von Personen oder Tieren darzustellen.
Die geometrischen Gitterstrukturen, Stapel und Rahmen von Franz Josef Altenburg lassen an Architekturmodelle denken. Sein Gesamtwerk wurde kurz vor seinem Tod im Herbst 2021 noch mit einer Einzelausstellung im Museum für Angewandte Kunst in Wien geehrt. Kurator Rainald Franz bezeichnete ihn dabei als den wichtigsten lebenden Keramiker Österreichs. Das dabei gedrehte Video gibt einen spannenden Einblick in sein Werk und enthält die wohl letzten dokumentierten öffentlichen Aussagen des schon schwerkranken Keramikkünstlers.
„Ich möchte die künstlerische Entwicklung eines jeden Künstlers zeigen, auch mit den damit verbundenen Zeitbezügen, sowie deren Unterschiede“, erklärt die Galeristin Angelika Metzger. Ganz wichtig sei ihr dabei der skulpturale Aspekt der Arbeiten im Gegensatz zu dem Gefäßkörper. So zeigt die Ausstellung einen Querschnitt keramischen Schaffens in Deutschland und Österreich ab den 60er Jahren, die Maßstäbe setzte, die bis heute wirksam sind. Die Aktualität werde deutlich, „wenn man sich nur die letzten Auktionen anschaut oder mitbekommt, dass auch junge Keramiker sich etwa mit dem Werk eines Klaus Lehmann auseinandersetzen“, sagt Angelika Metzger.
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Galerie Metzger
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63867 Johannesberg
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