Bei der Aktion Wer trägt meine Kunst? während der Münchner Schmucktage wurden 43 unterschiedliche Arbeiten an 43 verschiedenen Menschen fotografiert. Dass die Aktion geklappt hat, dass so viele interessante Persönlichkeiten mitgemacht haben und am Ende jeder „sein“ Schmuckstück gefunden hat, erscheint im Rückblick wie ein Wunder. Aber Wunder geschehen selten allein – zumeist haben Menschen die Hand mit im Spiel. Bei uns war es zunächst die Fotografin Miriam Künzli, die entspannt den knappen Zeitplan einhielt. Meine Kollegin Paulina Tsvetanova – normalerweise zuständig für Marketing und Kommunikation – begrüßte die Teilnehmer, sorgte für gute Laune, wählte wenn nötig passende Kleidung für die Porträtierten aus, puderte sie ab und assistierte bei den Fotos.
Dass die Aktion überhaupt stattfinden konnte, haben wir Otto Künzli, Matthias Mönnich und Jiro Kamata zu verdanken. Sie haben uns an der Akademie großzügig für drei Tage ihre Räume überlassen. Danke dafür! Einen wichtigen Anteil am Gelingen haben die Galerien Marzee und Ra aus Holland. Danke Marie-José van den Hout und Paul Derrez. Danke auch an die Münchner Galerien Isabella Hund, Biró und tal20 sowie an die Galerie Rosemarie Jäger aus Hochheim und Anna Pirk aus Rottach-Egern. Sie alle haben uns ihre teils sehr wertvollen Arbeiten termingerecht abgeliefert, ohne Bedenken überlassen und die Aktion finanziell mitgetragen. Unser Dank gilt ebenso den individuellen KünstlerInnen, die mitgemacht haben.
Entscheidend für das wunderbare Gelingen war nicht zuletzt Lydia Gastroph. Sie hat noch bei Hermann Jünger an der Akademie im Fachbereich Schmuck und Gerät studiert. Neben ihrer Schmuckfertigung geht sie inzwischen mit ihrem Unternehmen weiss – über den Tod hinaus neue Wege als Bestatterin. Lydia Gastroph hat sich als einfallsreiche Netzwerkerin erwiesen und zahlreiche Persönlichkeiten aus der Münchner Kulturszene für das Projekt gewonnen und betreut. Und sie hat mit praktischer Hilfe und großem Einfühlungsvermögen an drei Tagen entscheidend dazu beigetragen, dass sich alles in wundersamer Weise gefügt hat. Nachfolgend weitere Portraits der Aktion Wer trägt meine Kunst? Das Finale folgt am Mittwoch.
„Ich liebe Arbeiten in Emaille und schätze Tabea Reuleckes Ansatz, das Material zu nutzen, um Zeichnungen in Schmuck zu verwirklichen. Die Erzählung dieses Stückes hat mich berührt, es war, als wenn sie die Geschichte einer meiner Katzen eingefangen hätte, die auf sanfte Art Mäusen hinterherjagen und mir diese lebend, ohne Verletzungen anbieten. Wie oft ich in meiner Küche Mäusen hinterhergejagt habe, die sie hineingebracht hat…“ Liesbeth den Besten, Amsterdam, Kunsthistorikerin, Autorin, Dozentin
„Es hat so was Filigranes, das mir gut gefällt. Die Materialien sind für Schmuck relativ ungewöhnlich und das passt genau zu mir. Meine Großmutter ist Gold- und Silberschmiedin gewesen. Ich mag das Material, mehr Silber als Gold. Es war mir aber nicht so klar, dass es diese zeitgenössische Schmuckkunst gibt.“ Gilbert von Sohlern, München, Schauspieler, dieses Jahr Salzburger Festspiele sonst Fernsehen
„Die Brosche verkörpert Sinnlichkeit und Freiheit. Interessant ist auch die Spannung zwischen Naturbezug und Künstlichkeit.“ Elke Jordanow, München, Galeristin
„Ich hätte nicht gedacht, dass Schmuck Gefühle so ausdrücken kann. Mein spontaner Eindruck von der Brosche war: zerbrechlich, gleichzeitig stark, sanft, veränderbar, verletzlich, wie Libellen- oder Feenflügel – der Zustand meiner Seele nach einem schweren, persönlichen Verlust.“ Tina Feder, München, Sängerin und Performancekünstlerin
„Normalerweise trage ich eher puristischen Schmuck im Alltag. Mit dem Halsschmuck von Doerthe Fuchs entdecke ich eine ganz neue Facette meiner Persönlichkeit.“ Katharina Schmitz, München, Apothekerin
„Als erstes hat mich die Farbe, die Grautöne angesprochen, dieser Zwischenbereich zwischen Tag und Nacht. Das ist eine Lieblingszeit von mir. Und dann das Bild im Bild, die Vase mit den Blumen im eckigen Rahmen und dass es dabei nicht bleibt, sondern von einer anderen Form umrundet ist.“ Ulrich Loschky, München, Dirigent
„Spontan gefällt mir die klare Form und die satte Goldfarbe. Ich habe hier an der Akademie studiert und bin immer gerne in die Schmuckklasse gegangen. Mir gefällt Schmuck, ich bin aber sehr heikel und kann mir wenig Stücke an mir vorstellen.“ Christiane Fleissner, München, Bildhauerin und Fotografin
„Die Brosche ist ein ganz neuer Bereich im Schmuck von Babette von Dohnanyi. Das Stück erinnert mich an die Krisen unserer heutigen Zeit, dass ein Revolver auch als Schmuckstück mit einer politischen Botschaft funktioniert. In ihrer Farbigkeit sehr intensiv ist die Brosche ein wunderbares Objekt am Körper.“ Dirk Allgaier, Stuttgart, Verleger
„Mich spricht die architektonische Anmutung in Verbindung mit der unglaublichen Leichtigkeit an. Ebenso der Kontrast zwischen strenger Form und Weichheit und sanften Haptik des Materials.“ Clemens Brosinsky, Nürnberg, Student Kunst mit Schwerpunkt Gold- und Silberschmiede
„Die dunklen Perlen, jede einzelne für sich, empfand ich sofort als Symbol für eine eigene Welt, als Sinnbild für ein kleines Leben. Der goldene Kreis steht für Licht und Hoffnung und zeigt, dass ich mit einem Schmerz gut leben kann. Für mich persönlich steht die dunkle Perle auch für meinen Schmerz, den ich in meinem Leben erlebt habe.“ Nicole Rinder, Bestatterin und Trauerbegleiterin
Text und Interviews Reinhold Ludwig
Fotos Miriam Künzli