„Kleider machen Leute“, erklärte Gottfried Keller 1874 in der Novellensammlung Die Leute von Seldwyla. Schmuckkunst verwandelt Leute! Dies machte die Aktion Wer trägt meine Kunst? von Art Aurea während der vergangenen Münchner Schmucktage immer wieder deutlich. Die Verwandlung begann bereits beim Anlegen des tragbaren Kunstwerks, das die TrägerInnen entweder selbst mitbrachten oder vor Ort an der Akademie der Bildenden Künste spontan auswählen konnten. Ihren Höhepunkt fand die oft wundersame Verwandlung in den Porträtfotos von Miriam Künzli. Schmuckkunst zeigte sich als das Medium, in dem die TrägerInnen sich nicht selten ganz neu entdeckten. Ein Großteil kam aus der Münchner Kulturszene. So wie die Sängerin Dagmar Aigner, die sich für einen Halsschmuck von Andi Gut entschied:
„Das Schmuckstück hat mich spontan angesprochen“, sagte sie. „Normalerweise trage ich alten Schmuck oder auch vom Flohmarkt, z.B. 1970er-Jahre. Ich bin eher ein Schmuckmuffel. Ich mag nicht das Gefühl, wie ein Pfingstochse behängt zu sein, aber ich könnte mich mit einem solch witzigen Stück anfreunden. Auch die unedlen Materialien gefallen mir total gut und dass dieser Schmuck nicht kostbar sein will.“
„Spannend an dem Schmuck von Jiro Kamata ist sein Facettenreichtum, der Dialog mit dem Licht, der Kontrast der harten spiegelnden Fläche, der prominenten Silberfassung und den zart durchscheinenden dichroitischen Glasspiegeln. Auch als Symbol für den Menschen mit seinen verschiedenen Aspekten der Persönlichkeit.“ Andrea Sterr, München, Ärztin für Psychiatrie an der LMU
„Das einzige Schmuckstück, das ich täglich trage, hat Gerd Rothmann für mich gemacht. So eine Kette mit den Fingerabdrücken meiner Liebsten besäße ich auch gern.“ Sabine Kastius, München, Sprecherin/Leserin
„An der Brosche von Franzin haben mich die zwei eindeutigen Formen, die sich überlagern mit ihrer unterschiedlichen Textur, dem Material und der Farbigkeit überzeugt.“ Amandus Sattler, München, Architekt
„Ich trage gerne große, ausdrucksstarke Ringe. Die Stücke von Jaquelin Ryan sind handwerklich durchdacht und verbinden Klarheit und Komplexität. Die Beweglichkeit ist sehr schön, je nach dem, wie man sich bewegt, wie das Licht einfällt, verändert sich die Wirkung.“ Bärbel Roth, München, Kunsthistorikerin
„Der Schmuck wurde von der Galeristin Olga Zobel ausgewählt. Ich fand das Stück als Objekt sehr passend für mich: klare Form aber vielfältiger Inhalt. Autorenschmuck erweitert das Spektrum der Bildenden Kunst in eine andere Richtung. Die Methoden, die skulpturalen Prozesse und die Formfindung sind ähnlich. Einem Bild kommt man nie so nah wie einem solchen Schmuckobjekt.“ Michael Buhrs, München, Direktor der Villa Stuck
„Der Schmuck vermittelt Körperlichkeit, Raum, Beweglichkeit und auch der matte Klang ist reizvoll. Als Designer gefällt mir die Haptik und Stofflichkeit der samtweichen Oberfläche. Das harmoniert ganz toll mit meiner Mode.“ Barbara Weigand, München, I O S O Y Modedesign
„Die Farben des Halsschmucks sind wunderschön. Ich mag künstlerischen Schmuck, Juwelen sprechen mich hingegen nicht an.“ Sabine Grabmaier, München, Grafikdesignerin
Frage an Michael Sailer: „Würden Sie bei einer interessanten Frau mit solch einem Schmuckstück darüber nachdenken, warum sie dieses trägt?“ Antwort: „Ich würde eher bei einer uninteressanten Frau darüber nachdenken, bei der interessanten sehe ich das Stück nicht. Bei der Brosche von Miriam Hiller finde ich die Farbkompositon schön. Das Grün lässt mich an den Frühling denken.“ Michael Sailer, München, Schriftsteller und Bühnenkünstler
„Mich fasziniert die Transformation von der Fläche in einen komplexen plastischen Körper, der uns als ein viedeutiges Wesen begegnet.“ Stella Wanisch, Halle, Schmuckstudentin
„Der Schmuck ist dezent und gleichzeitig markant. Die Schlichtheit, Einfachheit der Materialien in Verbindung mit der Form symbolischer Gefäße machen neugierig.“ Andreas Koll, München, Archivar des Valentin-Karlstadt-Musäum, Musiker
„Mir gefällt das Material, sein Gewicht und seine Farbe. Trotz seiner Starrheit ist es sehr anschmiegsam und so ungewöhnlich, dass es spontane Reaktionen beim Betrachter hervorruft.“ Kyung Jin Kim, Nürnberg/Südkorea, Studentin Kunst mit Schwerpunkt Gold- und Silberschmiede
Text und Interviews Reinhold Ludwig
Fotos Miriam Künzli