Dem italienischen Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa, 1896–1957, wird das Zitat zugeschrieben: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert.“ Darüber lässt sich natürlich streiten. Aber wenn wir die jüngere Geschichte betrachten, mit all ihren permanenten Neuerungen, gehört der Drang zur Veränderung scheinbar doch zum Wesen des Menschen. Dabei verliert er leider allzu oft aus den Augen, was es erst mal zu bewahren gilt.
Neben dem überragenden Thema, dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, gibt es vieles andere, das elementar mit traditionellem Handwerk zu tun hat: Zum Beispiel, Blechverkleidungen auf bedeutenden historischen Bauwerken. Sie zählen zu den sichtbaren Zeichen unserer Kultur, und zwar nicht nur im Abendland, sondern auch in viele anderen Kulturen. Kupferdächer etwa mit ihrer reizvollen grünen Patina können in ihrer Funktion und Schönheit auf Dauer nur bewahrt werden, wenn es weiterhin Menschen wie Wolfgang Huber gibt. Der Flaschnermeister aus Kißlegg im Allgäu beweist über seine anspruchsvolle Tätigkeit hinaus, dass ein anspruchsvolles Handwerk auch den Blick für die sogenannte freie Kunst öffnen kann. Mehr über den außergewöhnlichen Handwerksmeister und Kunstförderer in unserer Titelstory.

Die Handwerkskunst eines Flaschners erfordert neben umfassendem Fachwissen höchste Konzentration, körperliche Fitness – und Schwindelfreiheit. Wolfgang Huber bei der Arbeit am Kißlegger Kirchturm. Im Hintergrund das alte Schloss. Foto Huber.
Auch bei Othmar Prenner existiert eine intensive Beziehung zwischen Handwerk und Kunst. Der Südtiroler hat zunächst das Schreinerhandwerk gelernt, bevor er akademischer Bildhauer wurde. Aus Liebe zu seiner Vinschgauer Heimat kehrte er der Großstadt München den Rücken und schuf in einem alten Bergbauernhof seinen Ort zum Leben und Arbeiten. Darüber hinaus wurde die Umwandlung eines Bunkers aus dem 2. Weltkrieg in einen Ort für Kunst und Kultur sein Herzensprojekt. Wie schön, dass Othmar und seine Freunde die Trennung zwischen Hoch- und Volkskunst ebenso ablehnen, wie jene zwischen Kunst und Handwerk. Othmars Erzählung, illustriert ausschließlich mit seinen eigenen Fotografien in der neuen Art Aurea.

Der Bunker 23 in Tartsch, Südtirol, gebaut zwischen 1938 und 1942 von Benito Mussolini. Othmar Prenner und seine Freunde haben ihn ab 2015 unter dem Titel give peace a chance zu einem Ort der Kunst umgestaltet. Besondere Attraktion, der eingebaute Wohnwagen. 2025 findet hier die Ausstellung +/ – Folk statt. Foto Othmar Prenner.
Schmuck als Kunstform oder Design aus authentischen Werkstätten ist ein zentrales Thema von Art Aurea. Längst ist es keine Frage mehr, dass Schmuck als eine der ältesten künstlerischen Ausdrucksformen der Menschheit, sowohl anspruchsvolle Kunst wie auch zeitgemäßes Design sein kann. Und doch ist es ein seltenes Ereignis, wenn eine Goldschmiedin mit einer Einzelausstellung in einer niveauvollen, internationalen Kunstgalerie gewürdigt wird. Dorothea Förster, deren kreative Gedanken und Prozesse in einem 700-seitigen Kunstbuch dokumentiert sind, hat uns den Stoff für den dritten Hauptbeitrag für die Herbstausgabe 2025 geliefert.

Eine Öse ist in der Regel nur ein unscheinbares, funktionales Element. Im Schmuck von Dorothea Förster dient sie einer variantenreichen minimalistischen Gestaltung.
Welch herausragende Qualität sich aus der Verbindung von Kunst und Handwerk entwickeln kann, zeigt seit 2017 der Loewe Foundation Craft Prize. Die Mehrzahl der ausgewählten und preisgekrönten Arbeiten von 2025 beweisen erneut, dass nur das bewahrt werden kann, was in voller Kenntnis traditioneller Techniken ständig und mit großer Hingabe durch individuelle KünstlerInnen innovativ erneuert wird.
Curators‘ Choice – Kurzporträts, ausgewählt von führenden internationalen KuratorInnen
Camilla Iliefski. Atemberaubende Tapisserien in Form textiler Gemälde mit skulpturalen Dimensionen. Die Werke der schwedischen Künstlerin laden ein zum Sehen und Berühren.
Nicole Prues, Brüssel. Spannungsvolle Keramik im Grenzbereich zwischen Abstraktion, Figuration und Naturnähe.
Mark Reddy. Die Holzobjekte des britischen Künstlers atmen den Geist des Ortes und entfalten eine einzigartige visuelle Poesie.
Sabine Lintzen. Die Glasobjekte der niederländischen Künstlerin eröffnen einen Dialog zwischen Raum, Farbe und Bewegung.

Die Serie Threads von Sabine Lintzen umfasst offene, schalenartige Glasobjekte, die mit einer Vielzahl farbiger Glasfäden überzogen sind. © Sabine Lintzen.
Ela Nord. Der Schmuck der in Wien lebenden Künstlerin berührt die Seele. Virtuos ahmt sie die Natur nach, um diese zu schützen.
Review
Kunst und Handwerk. Loewe Foundation Craft Prize 2025. Kunimasa Aoki aus Japan gewann den Hauptpreis 2025 und 50.000 Euro. Technische Vollendung, Fertigkeiten, Innovation und künstlerische Vision waren die Kriterien der Jury.

Die diesjährigen Finalisten des Loewe Foundation Craft Preises. Besonders stark sind KünstlerInnen aus Asien vertreten. Und auch die Beteiligung aus Afrika ist beachtlich.
Tiemann-Preis 2025 für Marta Herford. Mit dem Preisgeld erwirbt das Museum zwei Werke aus der Serie Fossil Psychic for Christa der Künstlerin Kerstin Brätsch.
Die jüngste Ausgabe von Art Aurea hat mit Umschlag wie gewohnt 92 Seiten. Sie ist gestaltet und gedruckt wie ein Kunstbuch und in führenden Galerien und Geschäften für Angewandte Kunst und Schmuck erhältlich.
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