Bevor die erste Ausgabe von Art Aurea, Frühjahr 2022, in Druck ging, konnten auch wir uns nicht vorstellen, dass Putin die gesamte Ukraine in dieser Brutalität überfallen würde. Wie die gesamte freie Welt sind wir schockiert über diesen Krieg mitten in Europa, trauern mit den Opfern, bewundern den Mut der Ukrainer, ihres Präsidenten, ihrer gesamten Führung und sind solidarisch mit einem Land, in dem das Blut unschuldiger Menschen für Freiheit und Demokratie fließt.
Die Corona-Pandemie war bereits eine Zäsur. Unmittelbarer noch als die bereits dramatischen Auswirkungen der Klimakrise und des Artensterbens zeigt sie die Verletzlichkeit des Menschen auf. Aber viele dachten, dass es nach dem Abklingen der Pandemie weitergehen kann wie bisher.
Der Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine bringt nun endgültig die Zeitenwende, die unserem Denken und Leben eine neue Richtung geben wird. Wie unser Parlament darauf reagiert hat, konnten wir bei der Regierungserklärung des Bundeskanzlers hören. Wer diese historische Sitzung verpasst hat, kann sie hier abrufen: https://www.youtube.com/watch?v=KeyAhCw8y34
In erster Linie gilt es jetzt, die große Solidarität und Hilfsbereitschaft in der freien Welt auf Dauer zu bewahren – auch wenn es langfristig unbequem wird. Auch Kunst und Handwerk müssen jetzt noch stärker als bisher beweisen, dass sie wichtige Elemente eines sinnstiftenden und achtsamen Lebens sind. Wir glauben weiter fest daran.
Themen der neuen Print-Ausgabe 1-2022
Die 91jährige Helen W. Drutt English aus Philadelphia kann auf ein erfülltes Leben als Galeristin, Sammlerin, Kuratorin, Autorin und unermüdliche Protagonistin für Kunst und Handwerk zurückblicken. Als Kind hat sie sowohl den Eintritt ihres Landes in den 2. Weltkrieg wie auch dessen Ende erlebt. Mit ihrem Engagement, vor allem für Keramik- und Schmuckkunst, hat sie daran mitgewirkt, die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk aufzuheben. Ab den 1970er Jahren hat Helen Drutt Arbeiten der bedeutendsten SchmuckkünstlerInnen aus Europa und Deutschland in ihrer Galerie gezeigt. Damit hat sie nicht nur dieser Kunstgattung internationale Geltung verschafft, sondern auch mitgeholfen, kulturelle Grenzen zwischen der alten und neuen Welt zu überwinden.
Réka Fekete wurde 1982 in Ungarns Hauptstadt Budapest geboren und wollte zunächst Sozialarbeiterin werden. Ein Gastjahr in den Niederlanden veränderte ihre Perspektive. Sie studierte Kunst an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam und macht neben freien Objekten zeitgenössischen Schmuck. Dabei ging sie spielerisch und ohne Einschränkungen über jene Grenzen, die ein oder zwei Generationen von SchmuckkünstlerInnen noch mühsam überwinden mussten. Nämlich, dass Schmuckstücke von allem inspiriert sein können, von zwei gekreuzten Linien wie von industriellen Konstruktionen und dass es im zeitgenössischen Schmuck kaum Beschränkungen gibt, weder in der Materialwahl noch in der Form.
Maria und Hans Fischer leben seit 40 Jahren als Keramiker zusammen. Über ihre Keramik sagt Maria Fischer, dass es eher zurückhaltend und einfach sei. Dienend klinge vielleicht ein bisschen pathetisch, aber es ordne sich einfach dem Gebrauch und den Speisen unter. Ihr Mann macht ebenfalls das, was man handwerkliches Gebrauchsgeschirr nennt. Aber daneben sind auch interessante künstlerische Arbeiten erwachsen, die belegen, dass Hans Fischer die Grenze zur Kunst überschritten hat. Aber daraus ein Werturteil zu machen, wäre anmaßend, und würde bedeuten, dass Kunst stets über gutem Handwerk steht. Das ist eine der Grenzziehungen, die es zu überwinden gilt.
Arts Crafts World
Neben diesen Hauptbeiträgen stellen wir in der Serie Arts Crafts World KünstlerInnen aus Europa, Japan und den USA vor: Den überragenden japanischen Keramiker Yasuhisa Kohyama, den israelischen Designer und Tierschützer Erez Nevi Pana, die großartige deutsche Silberschmiedin Antje Diensbir, die ideenreiche Schmuckkünstlerin Monica Checchi aus Italien sowie Tiff Massey aus den USA mit ihrem monumentalen Schmuck.
Review
In unseren Ausstellungsbeiträgen und -besprechungen finden Sie folgende Themen:
„Kunsthandwerk ist Kaktus“ – zur Ausstellung im MAK Frankfurt – noch bis 27. März 2022.
„Gioia di ber [Freude des Trinkens] – italienische Keramik für Wein und Wasser“ – Ausstellung im Museo Internazionale delle Ceramiche in Faenza – noch bis 30. April 2022 im Museo Internazionale delle Ceramiche in Faenza.
„Schmuck für die Bühne“ – eine Kooperation der Ausbildungsklasse für „Gestalter im Handwerk“ mit der Meisterklasse des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper, München.
Die Buchbesprechung „Man kann keine Steine essen“ – Kochbuch des japanischen Bildhauers Shinroku Shimokawa, erschienen bei Prima Publikationen. Hier mit Nori umwickelte Reiskugeln. Foto Shinroku Shimokawa.
Meret Oppenheim. Mon exposition – Nach Bern ist die Ausstellung ab 25. März 2022 zu sehen in The Menil Collection, Houston, USA, und ab 3.10. 2022 im MoMA, New York.
Das Finale macht der Beitrag „Schmuckdesign 2022“ – Mit neuen Arbeiten führender deutscher DesignerInnen.
Art Aurea Ausgabe 47, Frühjahr 2022 hat inklusive Umschlag 92 Seiten und ist erhältlich in führenden Galerien und Spezialgeschäften für 12 Euro (EU 14 euros) sowie im Abonnement.