Häkeln und Stricken ist schon längere Zeit ein Thema in der Kunst. Die rund 40 Arbeiten im Landesmuseum Oldenburg stammen von sechs Textilkünstlerinnen der Gruppe tx o2. Sie greifen das historische Mobiliar, Gemälde, Raumsituationen und Ausstellungsobjekte aus den Abteilungen Kulturgeschichte und Kunstgewerbe auf, gehen mit den Antiquitäten und Räumen auf Tuchfühlung und interpretieren sie mal provokant, mal dezent. Zarte Fadenroben, wogende Drahtgräser und gestickte Augäpfel überraschen die Besucher ebenso wie kleine graue Filz‐Mamsellchen an unscheinbaren Orten oder eingesponnenes Porzellan. „Aktuelle Textilkunst zählt zu jenen Sparten, die in vielen deutschen Museen lange Zeit ein Nischendasein führten, seit einigen Jahren jedoch groß im Kommen sind“, so Dr. Michael Reinbold, Kurator der Ausstellung. Neu ist nicht, dass Schlossräume einen inspirierenden Rahmen für zeitgenössische Kunst bilden. Die textilen Installationen und Objekte von Ingrid Fähmel, Marianne Herbrich, Mechthild Jülicher, Susanne Klinke, Ulrike Lindner und Birgit Reinken erwecken jedoch das historische Ambiente zu ganz neuem Leben. Ein gelungener Dialog mit der Geschichte.
Ingrid Fähmel fühlte sich besonders vom Gartensalon des Schlosses angezogen. Auf dessen Malereien von Ludwig Philipp Strack (1761–1836) reagiert sie mit kleinen abstrakten Farb- und Fadenstudien, die in ihrer Intimität die subtile Farbigkeit der Landschaftsdarstellungen analysieren. Das Motiv der künstlerischen Naturannäherung variiert Ingrid Fähmel im Gartensalon durch filigran gestaltete Gräser-Objekte und Makro‐Skulpturen von Samenkapseln.
Im Marmorsaal stellt Marianne Herbrich den historischen Sitzmöbeln pinkfarbene Textilhocker zur Seite. Eine Stahlstange verbindet die Würfel und macht sie zur Skulptur, auf der man sitzen darf. Die Farbigkeit des Raums greift Herbrich in ihrer Skulptur Amor und Psyche auf. Im Roten Salon liegt auf der Récamière eine ausgebreitete Robe. Rosa erinnert daran, dass die Schlosssäle einmal bewohnt waren.
Im Idyllenzimmer präsentiert Mechthild Jülicher Photopatch I – III. Die schwebenden Figuren beziehen sich auf die Motive der gemalten Idyllen von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751 – 1829). Den einzigen lüsterlosen Blauen Salon, hat Jülicher mit ihrem Kronleuchterersatz aus hunderten von zerdrückten Kaffeeautomaten‐Kapseln ausgestattet. Sie erinnern an die ungezählten Tässchen Kaffee, bei denen sich die Bewohner früher begegneten.
An den Kachelofen des Empfangszimmers hat Susanne Klinke voluminöse Kleidung gehängt. Sie sieht aus als sei sie aus massivem Holz und korrespondiert mit der hölzernen Vertäfelung des Raums. Im Silbersaal greift Klinke Elemente der Tapisserie für ihre Installation auf.
Im Grünen Salon präsentiert Ulrike Lindner zwei Objekte aus genähtem Papier. Den Raum bestimmt eine große Vasenform auf dem runden Tisch. In ihren Ornamenten nimmt sie Bezug auf die Gestaltung der Stuhllehnen. Ihr Farbton korrespondiert mit der Wand- und Gardinengestaltung.
Birgit Reinken lenkt von der höfischen Pracht des Oldenburger Schlosses das Augenmerk auf das Einfache, Bescheidene und Unscheinbare. Sie widmet sich den Stellen im Schlosskomplex, die sonst wenig wahrgenommen werden. Ihre kleinen Mamsellchen aus Filz bevölkern diese Bereiche.
Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Führungen und Workshops für Erwachsene und Kinder sowie ein Programm für Schulklassen.
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Landesmuseum Oldenburg
Schlossplatz 1
26122 Oldenburg
Deutschland - Di–So 10–18 Uhr
Eintritt 6 €, ermäßigt 4 € - Link