Schmiede, Keramiker, Glasbläser und andere Handwerker haben Jahrtausende lang geforscht und gearbeitet, um uns das Essen und Trinken so angenehm wie möglich zu machen. Dabei sind praktische Geräte und ausgereifte Formen entstanden. Doch widmen sich auch gegenwärtige Designer und Kunsthandwerker weiter der Tisch- und Kochkultur – erfindungsreich, humorvoll und auch provokativ. Mehr darüber in der kommenden Herbstausgabe von ART AUREA, die Ende August erscheint. Einen Vorgeschmack gibt das folgende Interview mit dem Silberschmied und Philosophen Andreas Fabian.
Art Aurea Was ist Ihnen persönlich als Konsument beim Essen und Trinken heute wichtig?
Andreas Fabian Weder koche ich gerne, noch würde ich mich als Gourment bezeichnen. Jedoch schärfte meine Zusammenarbeit während der letzten 10 Jahren mit zwei großartigen Köchen, Roberto Cortez und Charles Michel meinen Sinn für Geschmack und öffnete mir die Augen für eine wunderbare Welt, in der meine Objekte Teil einer Symphonie von kulinarischen Erfahrungen wurden, in der Inhalt, Gebrauch und Form eine Einheit bilden.
AA Warum widmen Sie sich dem Thema in Ihrer Gestaltung?
AF Zum Teil ist meine Neugierde für Tafelgerät und Gefäß auf mein Handwerk zurückzuführen. Es erscheint mir “natürlich”, mich mit der Gestaltung von Objekten für die Esskultur zu beschäftigen. Diese Objekte werden dadurch definiert, dass sie Handhabung und Gebrauch fordern, um ihre Funktion zu erfüllen – ich nenne das physische Interaktion. Das wirft wiederum Fragen sozialer Interaktion, von Tischmanieren und Etikette auf. Zu verstehen, wie unsere Essgewohnheiten einerseits kulturell bedingt sind, andrerseits aber auch aus natürlichen Zwängen entstehen, ist die treibende Kraft hinter meiner Arbeit.
AA Erklären Sie uns den Nutzen bzw. den Vorteil Ihrer Arbeiten – sinnlich, geistig oder ganz praktisch?
AF All unsere fünf primären Sinne sind beim Essen involviert. Die Sinne und deren Zusammenspiel beeinflussen unsere Wahrnehmung der Speisen und Getränke und formen unsere Erfahrungen. Man könnte sagen, dass heutzutage soziale Etikette, aber auch unsere Bestecke und Gefäße uns eher von den Freuden des Essens entfernen als diesen etwas hinzuzufügen. Wir müssen zugeben, dass einige unserer intensivsten und sinnlichsten Freuden beim Essen dadurch entstehen, dass wir mit den Händen essen oder unsere Finger und sogar den Teller ablecken. Einige meiner Objekte, die in Zusammenarbeit mit Charles Michel enstanden sind, beziehen sich konzeptionell sowie auch funktional auf unsere Hände als Esswerkzeuge und Gefäße. Sie versuchen uns auf elegante Art und Weise wieder den Speisen näherzubringen und dadurch unsere sinnlichen Erfahrungen zu erweitern bzw. zu intensivieren. Die tongs z.B. beziehen sich auf unsere Daumen und Zeigefinger als natürliche Werkzeuge, um feste Speisen aufzunehmen. Die hand bowl bezieht sich auf unsere Hände als Gefäß. Durch ihren leicht spitzen Boden erfüllt die Schale ihre Funktion nur, wenn sie in der Hand gehalten wird. Durch den Tastsinn in der Handfläche erfährt der Benutzer etwas über ihr Gewicht, ihre Form, Oberfläche und Temperatur; gefüllt oder ungefüllt. Eine weitere Arbeit, spoon plate, erfüllt ihre Funktion nur, wenn die Speisen “abgeleckt” werden. Das ist eine sehr sinnliche Erfahrung, sie entspricht aber nicht unbedingt unseren heutigen Tischmanieren.